MARTIN PESCH
Die Suche nach dem Nichtvorhergesehenen
DIE ARBEITEN VON PETER RÖSEL
Es stürmt ziemlich kräftig und ein Gewitter grummelt sehr vernehmlich, Regen prasselt ohne Unterlass herab. Dunkle Wolken türmen sich über der Landschaft, ab und zu stürzt ein Blitz die gespenstisch-bedrohliche Szenerie in ein grelles Licht. Hoffentlich hat jedes Lebewesen jetzt einen sicheren und wasserdichten Unterstand, denn ein Ende des Unwetters scheint vorerst nicht in Sicht. Derartige Bilder vor dem inneren Auge und solcherlei Assoziationen werden geweckt von den Geräuschen, die auf einer Schallplatte zu hören sind, die Peter Rösel aufgenommen hat. Die Platte enthält nur ein Stück, “Soundscape”, das 18 Minuten lang ist; die B-Seite der Platte ist leer, ohne Rillen.
Beim Hören von “Soundscape” wird man immer mehr gewahr, dass die sich zuerst einstellenden Eindrücke, es handele sich dabei um eine Audiodokumentation eines schweren Unwetters, eine falsche Fährte legen. Zu technisch klingen die Sounds und insbesondere das, was man für Regenprasseln hält, wird immer deutlicher als das statische Knistern erkannt, das jedes Abspielen einer Vinylplatte begleitet. Und in den letzten Minuten von “Soundscape” schwant einem, dass das Stück auf einer zu langsam abgespielten anderen Schallplatte beruht, denn die leiernden Klangbögen werden jedem charakteristisch vorkommen, der eine Platte mit aufliegendem Tonarm schon mal mit der Hand bewegt hat. Ganz am Ende, in den letzten Sekunden der langen, spannenden wie enervierenden achtzehn Minuten von Rösels Stück, wird, sozusagen mit einem Mal, klar, welche Platte der Künstler aus Ausgangsmaterial für “Soundscape” benutzt hat. Nachdem er sie immer schneller mit der Hand vorwärts gedreht…