Die Strukturen haben heute mehr Macht
Gerd Harry Lybke im Gespräch mit Ronald Berg.
Gerd Harry Lybke ist eine Ausnahmeerscheinung im Kunstbetrieb. Mit seiner Galerie Eigen + Art an zwei Standorten in Berlin und Leipzig gehört er zu den führenden Vertretern seiner Zunft. Seine von ihm vertretenden Künstler, allen voran Neo Rauch, besetzen die oberen Plätze in den Kunstcharts und verkaufen sich gut. Dabei war der Weg ins Kunstgeschäft dem 50jährigen in der DDR keinesfalls vorgezeichnet. Erst die Wende von 1989 eröffnete eine Karriere als Galerist, wobei er sozusagen immer ‚eigenartig’ blieb. Vielleicht ein Grund für seine überraschende Ablehnung zur 42. Art Basel im Juni 2011? Der Vorfall erregte Aufmerksamkeit. Grund genug, sich noch einmal grundsätzlich über die Verhältnisse im Kunstbetrieb und am Kunstmarkt zu unterhalten. Ging es um Macht, Neid, Intrige? Wie tickt das System? Wie positioniert sich Eigen+Art? Wie ist die Lage? Wie steht es um die Kunststadt Berlin? Eigen + Art wird jedenfalls in 2012 erneut expandieren. Die Stammadresse in der Auguststraße wird erweitert und modernisiert und unweit davon, in der ehemaligen jüdischen Mädchenschule, eröffnet Lybke am 29. 3. 2012 neue Räume mit einer Ausstellung des Britten Ryan Mostley. Es ist der Auftakt zur Ergänzung des bestehenden Programms mit neuen Künstler, die merkwürdigerweise nur einen gemeinsamen Nenner haben: Sie leben alle nicht in Berlin.
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Ronald Berg: Das Kernstück des Kapitalismus, das Geldwesen, ist in großen Schwierigkeiten, die Märkte verunsichert. Wie tangiert das den Kunstbetrieb?
Gerd Harry Lybke: Wer Geld für Kunst ausgibt, tut das, weil er es für das tägliche Leben…