Sigrid Feeser
Die Skulpturen der Maler
Malerei und Plastik im Dialog
Museum Frieder Burda, Baden-Baden, 5.7. – 26.10. 2008
Honoré Daumier hatte keine Scheu vor deftigen Formulierungen, sein kritischer Furor war gewaltig. Also matscht er eine Serie von satirischen Mini-Büsten zusammen, deren physiognomischer Kretinismus nicht zu überbieten ist. Die Namen der so zur Kenntlichkeit gebrachten Parlamentarier des Juste Milieus sind bekannt; es ist ein Panoptikum der Mittelmäßigkeit, Korruption und Niedertracht. In der Öffentlichkeit zeigen konnte der geniale Karikaturist und mindestens ebenso große Zeichner Daumier die erst posthum in Bronze gegossenen Nebensächelchen zu Lebzeiten nicht. Und doch haben sie (so jedenfalls die These des Ausstellungskurators Jean-Louis Prat) der Kunst einen neuen Weg gewiesen. Der Maler als Bildhauer hat einen anderen Blick auf das neben dem Hauptgeschäft entstehende Werk als der an Material und Handwerk gebundene Bildhauer. Ihm geht es nicht um technische Perfektion, er will ein schnelles Ergebnis. Daumier schuf sich Modelle für seine Karikaturen, nicht mehr und nicht weniger. Anders liegt der Fall bei Edgar Degas, dessen von den Zeitgenossen als Ausbund aller Laster abqualifizierte „Kleine vierzehnjährige Tänzerin“ in ihrem ungeschönten, ja fetischhaften Realismus den Pygmalion-Mythos der Bildhauer des 19.Jahrhunderts endgültig verabschiedet. Die in Baden-Baden ausgestellte Bronzeversion aus den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden lässt den Schock allenfalls erahnen, den der originale Wechselbalg aus eingefärbtem Wachs, echten Haaren, Leinenkorsage und Tüllröckchen auf sensible Gemüter ausgeübt haben muss. Von hier aus öffnet sich der Moderne ein Weg, der über Marcel Duchamp bis zur Pop Art führt. Aber so weit will der langjährige Direktor…