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Titel: 53. Biennale Venedig · von Doris von Drathen · S. 230 - 237
Titel: 53. Biennale Venedig , 2009

Miquel Barcelo
“Die Schande Venedigs…”

Ein Gespräch von Doris von Drathen

In noch kaum einer Biennale ist die Malerei so an den Rand gedrängt worden, wie auf der diesjährigen. Im Kontext aber von Video, Konzept und Installation hat Miquel Barceló mit seinen von Material überladenen Bildern und Keramiken eine doppelte Einzelstellung. Seine Ausstellung im spanischen Pavillon trennte während der Eröffnungstage das Echo in Verriß und Begeisterung.

Wer sich aber von unseren durch den Markt orientierten Sehgewohnheiten löst und sich die Zeit nimmt, seine Bilder unvoreingenommen zu betrachten, kann erleben, wie seine Malerei beginnt, sich jenseits der stalaktitenartigen hochaufgeschichteten Oberflächen, eben gerade in der Transgression des Materials, zu entfalten. Das eigentliche Bild entsteht als ontologisches Ereignis. Die Wesenhaftigkeit dieser Bilder öffnet einen Raum, der den Betrachter als eigene Realität in den Bann schlägt. Barceló, der zwischen Mallorca, wo er 1957 geboren wurde, Paris und Mali hin- und herpendelt, hat sich seit Jahren in einem anerkannten Außenseitertum eingerichtet. Seine Malerei mißt er einerseits daran, ob sie unter extremen Gegebenheiten, wie etwa dem Himmel von Westafrika, bestehen kann und andererseits, ob sie neben solchen Exzentrikern wie Beuys oder Tintoretto, die er in einem einzigen Wortschwall nennt, Gültigkeit hätte. Die wirkliche Stärke aber seiner Arbeit ist, daß er den Vertrag zwischen Bild und Gegenstand nicht bricht. Er nutzt die Illusion eins zu eins. Seine Meerbilder stellen keine Wellen dar, sondern sind Wellen. Mit Warburg könnte man sagen, die Kraft dieses Malers liegt darin, zu malen, so wie ein Bär rennen kann, nämlich nur Rennen zu sein….


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von Doris von Drathen

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