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Titel: Der urbane Blick · von Hanno Rauterberg · S. 92 - 103
Titel: Der urbane Blick , 2012

Hanno Rauterberg
Die Psychologie des Urbanen

In mancherlei Hinsicht leben wir sogar noch in der Steinzeit, in einer Zeit nämlich, in der das öffentliche Leben klar, ja geradezu ehern geregelt ist, in der vieles steinern unverrückbar, auf eine archaische Weise ewig zu sein scheint. Und doch bricht in dieses fest gefügte Dasein überdeutlich etwas Echtzeithaftes hinein. Echtzeit bedeutet: Es zählt nicht länger das Überkommene, es zählt vielmehr das Unmittelbare, das Augenblickliche.

Fußgängerzone

Das mag sich nebulös anhören, doch dieser Nebel lichtet sich, sobald man einen jener Orte in den Blick nimmt, an dem sich klassischerweise Öffentlichkeit ereignet. Nehmen wir die Straße oder besser noch: die Fußgängerzone. Die Geschichte der Fußgängerzone ist kaum älter als 50 Jahre und neigt sich doch, wenn nicht alles täuscht, bereits ihrem Ende zu. Sie gehört zu jener Steinzeit, die gerade dabei ist, sich aufzulösen. Geboren wurde die Fußgängerzone aus dem Geist der Ordnung. Sie war als ein Reservat des Öffentlichen gedacht, hier sollte der Bürger ungestört sein, unbehelligt vom Lärm des Autoverkehrs, vom Dreck der Fabriken, abgetrennt auch von den Wohnquartieren, die allein dem Privaten vorbehalten sein sollten. (Abb. 1)

In der modernen, der verzonten Stadt hatte alles seine vorherbestimmten Ort, die Grenzen waren deutlich gezogen, das öffentliche Leben war der Gegenpol des privaten Lebens, so wie die Arbeit als Gegenpol des Wohnens galt. Nun ist das Leitbild der sorgsam sortierten Stadt längst überholt, die gemischte Stadt seit einiger Zeit schon das postulierte neue Ziel. Und so ist auch die Fußgängerzone in Verruf geraten, sie gilt vielerorts nur mehr…


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von Hanno Rauterberg

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