Arthur C. Danto
Die philosophische Entmündigung der Kunst
Ich gelange immer mehr zu der Auffassung, daß es äußerst anregend ist,
in einer Umgebung zu leben, in der Schriftsteller noch als gefährlich gelten.
Hortense Calisher
In dem großen Gedicht, das Auden anläßlich von W. B. Yeats’ Tod geschrieben hat, heißt es: “Geblieben sind Irland der Wahn und das Wetter, / Denn die Poesie ist gänzlich wirkungslos…” Wohl niemand, selbst kein poetischer Visionär, hätte erwartet, die Dichtkunst könne das feuchte Klima von der grünen Insel vertreiben. Und dieses Faktum verdichtet Auden zu einem Bild der künstlerischen Ohnmacht. Die Anspielung auf Irlands politischen Wahn dient dann dem Zweck, einer vergleichsweise eitlen, jedoch weitverbreiteten Hoffnung den Boden zu entziehen – der Hoffnung nämlich, das richtige Stück Dichtung könne etwas bewirken. Gleichwohl ist es natürlich nicht der Kunst anzulasten, daß sie in der irischen Politik nichts zu bewirken vermag, in Verhältnissen immerhin, denen bisher auch durch alle sonstigen Bemühungen nicht beizukommen war. “Mir scheint es besser, daß in solchen Zeiten / Des Dichters Mund verstummt, denn in Wahrheit / fehlt uns das Talent, den Staatsmann zu korrigieren”, heißt es in einem Gedicht von Yeats, in dem er seine Weigerung begründete, ein Kriegsgedicht zu schreiben. Und in einem anderen Gedicht hat Yeats den von Auden ausgedrückten Gedanken sogar soweit zugespitzt, daß er sämtlichen gescheiterten politischen Aktionen, sofern sie nur mit genügend Leidenschaft gepaart gewesen seien, den Lorbeerkranz der Kunst verpaßte. So heißt es dort: “Wir kennen ihren Traum – genug / Zu wissen, daß sie träumten und gestorben sind….