SEBASTIAN RICHTER
Die Magie des Realen
DIGITALER REALISMUS IM FILM
Der Leitmythos, von dem die Erfindung des Kinos inspiriert war, ist die Vollendung dessen, was all jene Techniken der mechanischen Realitäts-Reproduktion im 19. Jahrhundert, von der Fotografie bis zum Phonographen, mehr oder weniger vage dominiert hat: ein integraler Realismus, eine Neuerschaffung der Welt in ihrem eigenen Bild – ein von der Freiheit der Interpretation seitens des Künstlers und der Unumkehrbarkeit der Zeit unbelastetes Bild.
(André Bazin)1
Das Magische wurde schnell nach der Erfindung des Films zu einem beliebten Thema der Bilder. Vor den Augen der Zuschauer verschwanden Dinge oder verwandelten sich, Menschen oder andere Wesen erschienen aus dem Nichts oder graues wurde auf einmal bunt. Natürlich waren es Tricks – das wusste auch der damalige Zuschauer – und meist konnte man es auch sofort sehen. Aber trotzdem: Durch Doppelbelichtung, Coloration, Stop-Trick-Verfahren und Montage ließen sich schon im frühen Film unmögliche Vorgänge, die bis dahin nur vorstellbar waren, vor den Augen der Zuschauer auf der Leinwand realisieren.
Die Faszination an magischen Bildern hat bis heute nicht nachgelassen – im Gegenteil. Da die Nachfrage nach solchen Bildern groß war, haben die Möglichkeiten des Kinos, die Wahrnehmung der Zuschauer auszutricksen, im Laufe der Filmgeschichte stetig zugenommen und der Realitätseindruck seiner unmöglichen Bilder ist dabei immer perfekter geworden.
Wenn heute in “Harry Potter und der Stein der Weisen” Sportwettkämpfe auf fliegenden Besen ausgetragen werden, in “Herr der Ringe” die Kräfte großer Zauberer in überbordenden Bildern visualisiert werden oder in “Man in Black II” die Verwandlung einer schönen Frau in…