Paul Virilio
Die Macht der Echtzeit ist der Verlust der Seinszeit
Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks
Der Essayist Paul Virilio, heute 67 Jahre alt, französisch-deutscher Herkunft und der engagiert christlichen Linken angehörend, entging 1941 mit seiner Familie dem Zugriff der Gestapo, dank der “kryptischen” Architektur ihres Hauses. Im Sommer 1958 entdeckte er die Bunker des Festungswalls an der französischen Atlantikküste, die ihn derart faszinierten, dass er daraufhin den Küstenstrich zu Fuß erwanderte und ein vollständiges Inventar dieser Bunker erstellte. 1976 zeigte das Centre Beaubourg in Paris seine “Bunker Archéologie”. Virilio, Architekt, Urbanist und Leiter der Ecole d’architecture spéciale in Paris, ist außerdem Begründer einer Wissenschaft, die er Dromologie nennt und in der sich Technikgeschichte, Militärwissenschaft, Urbanistik, Physik und Metaphysik verbinden. Wenn dieser mit der Kraft seines Engagements auf die Herrschaft der Zeit zu sprechen kommt, so bewegt er sich dorthin über Reflexionen zur Geschwindigkeit, in deren Licht heute alles erscheint, sowie zur maßlosen Beschleunigung, die in “rasenden Stillstand” übergeht. In der Welt von Cyberspace, gegen die er mit der Verve eines beschreibenden Moralisten polemisiert, werde, so Virilio, der Mensch zum Bewohner der Zeit, während der Raum ganz und gar verschwinde, wodurch die Welt immer enger werde. So eng, dass der Verlust der Schwellen zu einem Riesendrama führe, das nicht apokalyptisch, sondern viel schlimmer sei. Mit dem Pazifisten und Skeptiker, der über die Negativität des Seins aufklärt, damit der Mensch doch noch zu einem humaneren Zeitsinn findet, sprach Heinz-Norbert Jocks in Paris.
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Am Anfang war der Motor
Heinz-Norbert Jocks: Was interessiert Sie an der Kunst…
