Kerstin Skrobanek
Die Kunstverweigerung endet in den Armen der Kunst
Fluxus als Ausgangspunkt späterer Verweigerungsstrategien
We view paintings. What are they, after all? Expensive, handmade objects, intended to ornament the walls of the rich or, through their (or their government’s) munificience, to be shared with the large numbers of people and give them a sense of grandeur. But they do not allow of any sense of dialogue.1
(Dick Higgins)
Fluxus versus Abstraktion
Zwischen dem ersten offiziell angekündigten Fluxus-Event in Europa, dem Internationalen Festival Neuester Musik 1962 in Wiesbaden, und der Documenta II, die 1959 in Kassel stattfand, liegen nur drei Jahre. Ein mikroskopisch kleiner Zeitraum gemessen an den Veränderungen und Erweiterungen, die sich in der damals aktuellen Kunstproduktion vollzogen haben. Wie das Zitat von Dick Higgins bereits andeutet, wandte sich die Fluxus-Bewegung gegen wesentliche Aspekte der zeitgleich von Werner Haftmann in seinen Documenta-Eröffnungsreden aus den Jahren 1959 und 1964 vertretenen Kunstauffassung. 1990, wiederum nur 28 Jahre später, war Fluxus selbst Teil der Biennale in Venedig geworden, war damit also endgültig in den großen Institutionen angekommen.2 2012, anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Bewegung, fanden zahlreiche Ausstellungen in verschiedenen Museen weltweit statt. Fluxus scheint ein Paradebeispiel dafür zu sein, dass auch die extremste Art der Kunstverweigerung letztendlich im Museum und anderen großen Institutionen landet.
Entscheidend für die Entwicklung von Verweigerungsstrategien ist die Kunstauffassung der späten 1950er und frühen 1960er Jahre, die sich sehr deutlich in den beiden Großereignissen der Venedig-Biennale und der Documenta in Kassel spiegelt. Letztere wurde explizit gegründet, um der jeweils aktuellen Kunstproduktion eine Stimme zu…