Eva Rothschild
Die Kunst des Hier und Jetzt
Ein Gespräch von Michael Stoeber
Eva Rothschilds Köpfe in „Us Women“ (2011) türmen sich übereinander wie die Module in der Skulptur „Die endlose Säule“ (1937/38) von Constantin Brancusi. Aber anders als deren perfekt übereinander gestapelte Rhomboide streben die Köpfe der britischen Bildhauerin in leicht schwankender Manier dem Himmel entgegen. Und auch wenn sie im ersten Augenblick wie bloße Stoffkugeln aussehen, beginnen sie, im nächsten bereits zu erzählen. Ihre mit kleinen, schwarzen Perlen bestickten Oberflächen spielen auf Weiblichkeit an. Die in fröhlichen Farben sich öffnenden Mund- und Augenschlitze der Köpfe lassen dagegen an die Sturmhauben von Terroristen oder Polizisten denken. Gemeinsam stellen die widersprüchlichen Attribute in diskret metaphorischer Weise ein modernes, kämpferisches Frauenbild dar. Die Verbindung von Abstraktion und Erzählung in der Skulptur ist ein konstitutives Charakteristikum der Kunst von Eva Rothschild. Darüber hinaus verknüpft sie in ihren bildhauerischen Werken Tradition und Innovation, Magie und Mathematik, Kalkül und Experiment. Die Künstlerin, 1971 in Dublin geboren, hat in Belfast und London studiert. Sie zeigt ihre Werke in einer großen Übersichtsausstellung, die von England über Deutschland in die Schweiz reist. Zurzeit ist sie im Kunstverein Hannover zu sehen.
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Michael Stoeber: Kommen Sie aus der Familie der berühmten Bankiers?
Eva Rothschild: Nein, mein Großvater kommt zwar aus Frankfurt, aber er war im Stahlgeschäft tätig. Vor dem Krieg arbeitete er in London und heiratete eine Irländerin. So überlebte er im Gegensatz zu seiner Familie den Holocaust.
Was hat Sie zur Kunst geführt?
So lange ich mich erinnern kann, wollte ich Künstlerin werden. Und…