Paolo Bianchi
Die Kunst der Selbstdarstellung
Die Kunst der Selbstdarstellung sucht nach der gelungenen Selbstgestaltung. Auf Andy Warhols pointiertem Ausspruch «Jeder Mensch kann für 15 Minuten ein Star sein» folgte ein Herdentrieb an Aufmerksamkeitssucht nach Ehre, Rum und Karriere. Daher ist es umso wichtiger, dass mit dem Band «Die Kunst der Selbstdarstellung» die qualitative Potenzierung des Phänomens zur Sprache kommt. Damit ist gemeint, ob einer Selbstdarstellung die Kunst zugrunde liegt. Selbstdarstellungen ohne Kunst ergeben nichts anderes als Eitelkeit und Egozentrik. Erst Selbstdarstellungen mit Kunst als Erscheinungen einer «Kunst der Selbstdarstellung» sind etwas Echtes, Eigensinniges und Existenzielles.
Oberflächlich gesehen geht es bei Selbstinszenierungen um Glamour, Prominenz und Spektakel, um Anerkennung, Aufmerksamkeit und Hochglanz, um Egokult, Medienpräsenz und das Selbst an die Macht. Der perfekte Selbstdarsteller ist kein Übermensch. Er will sein Ich allaugenblicklich übersteigen, hinter sich lassen und neu erfinden. Er zielt auf die Entgrenzung der Kunst zum Lebenskunstwerk. Er erschliesst sich das Leben der Kunst über vielschichtige Ausformungen, wie Lebens-Kunst, -Konzept, -Stil, -Steigerung, -Existenz, -Faden, -Form, -Intensität. Die KUNSTFORUM-Titelgeschichte beschreibt neben der «Kunst der Selbstdarstellung» auch die Suche nach den «Künsten des Selbst» und dem «Kern des Selbst». In den Ausprägungen von Selbst-Experiment, -Beziehung, -Mord, -Kultur, -Identität, -Erfindung, -Bild, -Wertgefühl findet sie ihr Thema. Jean-Paul Sartre schrieb: «Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt, er muss sich täglich neu erfinden.»
Unsere Welt ist eine inszenierte Realität. In diesem (Schau-)Spiel sind wir Figuren. Dabei kommen wir ohne Rollen nicht aus. Die Selbstdarstellung widerspiegelt zwar das Subjekt in der Welt. Sie will darüber hinaus als «performativer…