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Titel: Kunstwerte - Markt und Methoden · S. 119 - 126
Titel: Kunstwerte - Markt und Methoden , 1989

Fallstudien zum Wertewandel II:
Christoph Schenker

Die Konkurrenz der Wirklichkeiten

Das Kunstwerk verkörpert ein Verständnis von Wirklichkeit. Dieses Verständnis hat sich im Laufe der Zeit verändert. Von solchen Wirklichkeitsbegriffen soll hier in Kürze die Rede sein.

Die Geschichte des Wirklichkeitsbegriffs erscheint eng verknüpft mit der Geschichte des Bewußtseins. Der Wirklichkeitsbegriff ist verbunden mit der Wahrheitsfrage. Er schlägt sich nieder im Selbstverständnis eines Kunstwerks; er betrifft mittelbar die Frage der Legitimation und die Frage nach der Funktion eines Kunstwerks. Schließlich hat er zu tun mit der Zeitgerechtheit eines Werks. Die Zeitgerechtheit ist ablesbar an der Art und Weise, wie das Kunstwerk der Wirklichkeit gegenübertritt und sich in ihr einbettet.

In der Folge spreche ich von vier Wirklichkeitsbegriffen. Die ersten zwei werden heute als eindeutig historische Wirklichkeitsbegriffe erachtet. Die zwei nächsten mögen ein Bild davon geben, wie Wirklichkeit in der Gegenwart erfahren wird. (Ich nehme damit einen Gedankengang von Hans Blumenberg auf.) Es ist möglich, daß ein Wandel zu einem grundlegend neuen Verständnis von Wirklichkeit bereits wieder in Gang ist. Doch da der Wirklichkeitsbegriff prinzipiell Hintergrundcharakter hat, tritt er erst dann ins Bewußtsein, wenn ein solcher Wandel abgeschlossen ist. Ein neuer Wirklichkeitsbegriff bildet sich, indem der eine als geschichtlicher erkannt wird und der andere sich in der Differenz zu diesem als historisch erkannten definiert. Mit dem In-Differenz-Setzen ist jedoch noch nicht viel gewonnen, solange das neue Verständnis nicht auch positiv bestimmt ist. Eine Bestimmung des Inhalts eines gegenwärtigen Wirklichkeitsbegriffs bleibt aber notwendigerweise diffus und unvollständig. Denn vieles, was für einen Wirklichkeitsbegriff der Gegenwart konstitutiv ist, erscheint…


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