Die Individualität der Medien
Der Titel von Stefan Riegers Buch macht neugierig, wird doch ein Begriff, der gewöhnlich in der Be schäftigung mit Menschen Verwendung findet, hier mit einem be liebten Topos der Technikphilosophie und Kulturwissenschaften verbunden. Als dritten zentralen Begriff bringt der Autor “Steigerung” ins Spiel. Für Rieger ist das “Prinzip Steigerung” ein für die Moderne unbestrittenes Charakteristikum. Er stützt sich dabei insbesondere auf Aussagen von Soziologen wie George Simmel oder Niklas Luhmann. Letzterer sieht die Steigerbarkeit der Individualität an eine Selbst- und Fremdbeobachtung verbunden. Rieger zieht nun daraus den Schluss, dass diese Steigerung der Individualität an die Weiterentwicklung von Medien gekoppelt sei. Um diese Prozesse im Einzelnen zu beschreiben, führt er verschiedenste Experimente und Forschungen vor allem des 19. Jhs. an. Der Großteil des Buches besteht aus der Neubewertung der Intentionen und Resultate von Wissenschaftlern aus vergangener Zeit. Dadurch wird es zu einer Kompilation seltsamster Theorien, die einerseits durch ihre Skurrilität fasziniert, andererseits, wenn es um psychiatrische Belange geht, zutiefst erschreckt, wie das “Hohle Rad” für Tobsüchtige, mit dem ein Mensch wie ein Hamster ständig am Laufen gehalten wird, bis er vor Erschöpfung zusammenbricht. Dabei stellt sich die Frage, ob dieser Wust an abstrusen Forschungen und aus heutiger Sicht wissenschaftlichem Unsinn eigentlich wirklich nötig ist, um die Grundthesen zu verifizieren. Der Band kann jedenfalls als weiterer Beleg für die besondere Vorliebe deutscher Medienphilosophen für (Technik-)Geschichte gelten. Seine Verweise auf Michel Foucault deuten jedoch an, dass er sich mit seinem Rekurs auf ältere Forschungen auch in der Tradition der Diskurstheorie…