Barbara Catoir
Die Idee des Universalbuches in der zeitgenössischen Kunst
I-Ching, Ars Magna, Ars Combinatoria, Coup De Dés
1986 erschien in Barcelona und Paris ein Künstlerbuch mit dem Titel »Tàpies-Llull«. Es enthält eine Radiersuite von Antoni Tàpies zu ausgewählten Texten des mittelalterlichen Universalgelehrten Raimundus Lullus in katalanischer Sprache. In katalanischer Schreibweise mit doppeltem L am Anfang erscheint folglich auch der Name des Autors, der in Spanien als Ramón Lull1 bekannt ist. In vier Sprachen verfaßte er sein Werk, das theologische, mystische, philosophische, poetische und epische Schriften umfaßt. Die lateinische Sprache wählte er für seine philosophisch-mystischen Lehren, denen er damit größte internationale Verbreitung garantierte, das Arabische für seine missionarischen Schriften, um die Sarazenen vom christlichen Glauben zu überzeugen, das Provenzalische und Katalanische hingegen für seine Dichtung, seine Romane und Epen. Vor allem eines seiner Werke hat die Nachwelt immer wieder beschäftigt, seine rätselhafte »Ars magna«, in ihrer letzten Form als »Ars generalis ultima« bekannt – ein Buch, mit dem Lullus den Versuch unternahm, universelles Wissen über ein logisches System der Codifizierung verfügbar zu machen. Zu sehr verschiedenen Zeiten hat diese auf Kombinatorik beruhende »Ars« auf Strömungen in der Mystik, Philosophie und selbst Dichtung und bildenden Kunst eingewirkt. Daß sie uns erneut fasziniert, dafür sorgen heute unter anderem Wissenschaftler, die in ihr den “Ursprung der Computertheorie” erkennen.2
Der Kreis, der sich durch die Jahrhunderte um diese außergewöhnliche Persönlichkeit bildet, die abwechselnd als »Doctor illuminatus«, »Phantasticus Raimundi« oder als »Ramon lo Foll« (Raimundus der Verrückte) in die Geschichte einging, reicht von Agrippa von Nettesheim über Athanasius…