Alexander Braun
»Die Idee des Museums als Kraftwerk«
Ein Gespräch mit Kurt Wettengl, dem neuen Direktor des Museums am Ostwall, Dortmund
So gewöhnlich das Museum am Ostwall heute als eine Nachkriegsgründung mittlerer Größe im Kontext der deutschen Museumslandschaft erscheint, so ungewöhnlich ist seine Geschichte. Bereits 1947 als innerstädtische Dependance des durch den Krieg vor die Tore Dortmunds auf Schloß Cappenberg ausgelagerten Museums für Kunst und Kulturgeschichte gegründet, überraschte es unter der Leitung seiner ersten Direktorin, Dr. Leonie Reygers durch über die Grenzen Dortmunds hinaus wahrgenommene Ausstellungen und museologische Innovationen. Nach einem wiedereröffneten Provisorium im ausgebombten ehemaligen Museumsgebäude am Dortmunder Ostwall leitete Reygers den Wiederaufbau des Erdgeschosses bis 1952 und forcierte den weiteren Ausbau bis 1956. Konzeptuell orientierte sie sich am Stedelijk Museum Amsterdam und an der Neuen Sammlung München und unternahm Reisen nach Skandinavien und in die USA um die dortigen Institutionen zu studieren. In Dortmund verwirklichte sie schließlich ein »Kunst und Leben«-Konzept, indem sie die Gattungen vereinte: Kunst, Architektur, Design in unmittelbarer sich gegenseitig befruchtender Nachbarschaft. Der Besucher sollte in den neuen Räumen nicht nur Kunst anschauen, sondern das Museum in sein Leben integrieren: So offerierte Reygers dem Publikum 1952 Leseräume inkl. Freihandbibliothek mit allen wichtigen internationalen Kunstzeitschriften, 1953 experimentierte man bereits mit langen Öffnungszeiten bis 22.00 Uhr und ab 1961 konnte man im Museum seine Kinder abgeben: Deutschlands erste Kindermalstube war eröffnet. Ganz nebenbei rehabilitierte Reygers früh die verfemte Kunst. Mit dem Ankauf der Sammlung Gröppel 1956 kamen mit einem Schlag fast 200 Werke des deutschen Expressionismus ins Haus, darunter…