Die heutige Kunstwelt treibt die Künstler zum schöpferischen Selbstmord
NOEMI SMOLIK SPRACH MIT JÉROME SANS, PALAIS DE TOKYO, PARIS
Das seit 1995 geschlossene Palais de Tokyo zu neuem Leben zu erwecken, um darin einen Schauplatz für aktuelle Künste einzurichten, der als lebendiger, ständig sich fortentwickelnder, also flexibler und anpassungsfähiger Organismus sich verhält – das ist das Vorhaben der beiden Leiter des neuen Zentrum für zeitgenössische Kunst in Paris, Nicolas Bourriaud und Jérôme Sans. Der 1965 in Paris geborene Gründer der Zeitschrift Documents sur l’art, Schriftsteller und Kurator Nicolas Bourriaud, der eher theoretisch ausgerichtet ist, und der 1960 ebenfalls in Paris geborene Jérôme Sans, der als Kurator zahlreicher Ausstellungen über praktische Erfahrungen verfügt, ergänzen sich ideal in ihrer Funktion als Leiter einer Institution, die kein Museum im traditionellen Sinne sein will, sondern – wie sie selbst sagen – ein “Site de création contemporaine”.
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Noemi Smolik: Im Januar wurde in Paris ein neues Zentrum für zeitgenössische Kunst, das Palais de Tokyo, eröffnet, dessen Leiter du zusammen mit Nicolas Bourriaud bist. Gibt es in Paris überhaupt ein Bedürfnis nach einem neuen Museum für zeitgenössische Kunst?
Jérôme Sans: Paris ist sehr gut mit Museen wie Centre Georges Pompidou, Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris und der Galeria Nationale du Jeu de Paume ausgestattet, aber seit mindestens einem oder sogar schon zwei Jahrzehnten fehlt es hier an einer experimentellen Plattform für verschiedene Veranstaltungen, egal ob es sich dabei um große Ereignisse oder um junge Experimente handelt. In Paris gibt es – was ein Paradox ist – keinen…