Kolumne
Die Hälfte ist kein Angebot
von Lothar Romain
Sie könne nicht verstehen, so Monika Zimmermann Anfang März in der Zeitung für die klugen Köpfe, warum Leben und Tod der Documenta “nun plötzlich von einer Gebäudehälfte des Fridericianums abhängen soll”. Noch sei ja der neue Leiter der Documenta nicht gefunden und also wisse auch niemand, was der für Raumvorstellungen habe. Aber eben darum darf es erst gar nicht gehen, daß schließlich die womöglich bescheidenen Raumvorstellungen des oder der Documentamacher zwar den Kasselern aus der Klemme helfen, dafür aber die Aufführungsmöglichkeiten der Künstler von Beginn an so beschneiden, daß es einer Zensur gleichkommt.
Der nächste Documenta-Leiter soll in diesem Monat in Kassel gefunden werden. Während der ersten Runde Ende Februar hatte die Findungsversamm-lung noch einmal nachdrücklich darauf hingewiesen, daß im Sinne der Documenta das Fridericianum nicht teilbar sei. Doch noch immer schwebt das Damoklesschwert des unseligen Kompromisses aus dem Jahre 1979 über allen Documentaplänen, wonach das Fridericianum nach beendetem Ausbau zweifach genutzt werden soll: als naturwissenschaftlich-technisches Museum und Ort wechselnder Veranstaltungen zwischen den Documenten und als Documenta und Museum während der berühmten 100 Tage. Gewiß: das Museum würde dem Kunstereignis mehr Raum geben müssen. Aber fest installiert bleiben soll das Astronomisch-Physikalische Kabinett. Die Documenta hätte sich zu bescheiden.
Ja, wenn es das nur wäre, dann könnte man auch an anderer Stelle Platz schaffen. Doch mit dem fertigen Ausbau des Fridericianums zu Museumsräumen und seiner architektonisch fatalen Zweiteilung geht mehr als nur Quadratmeter verloren. Schon die letzte Documenta hat gezeigt, daß der Innenausbau an die Documenta-Substanz…