Yael Bartana
Die Gründung des Movements vollzieht sich im Kopf
Ein Gespräch mit Doris von Drathen
Polen: Yael Bartana – … and Europe will be stunned / Kommissar: Hanna Wróblewska / Kuratoren: Sebastian Cichocki, Galit Eilat.
Yael Bartana, die als Israelin zwischen Tel Aviv, Berlin und Amsterdam lebt und auf dieser Biennale Polen vertritt, steht im Brennpunkt der Diskussion. Damit ist zum ersten Mal eine Wahl getroffen, die sich durch die Geschichte einer Künstlerin und deren politisches Thema erklärt: Die Urgroßeltern von Yael Bartana waren als polnische Juden von den Nazis ermordet worden; ihre Großeltern flohen als junge Zionisten nach Palestina, ihre Eltern schließlich wurden in Israel geboren wie die Künstlerin selbst. Seit einigen Jahren schon arbeitete Bartana an einer Filmtrilogie, die sie nun für die Biennale abschließen konnte: Mary Koszmary (2007); Mur i wiesza (2009) und Zamach 2011. Alle drei Filme erzählen in einer paradox dokumentarisch konzipierten Utopie vom Wiederaufleben eines Jewish Renaissance Mouvement, das heute alle aus Polen vertriebenen Juden aufruft, in das Land ihrer Vorfahren zurückzukehren: „3,3 Millionen Juden können das Leben von 40.000 Polen verändern“, deklamiert der Reder auf fast leerem Platz. Die Filme sind eine Provokation nicht nur für israelisches, sondern auch für internationales Publikum. Noch mehr als die Anmaßung der Idee schockiert die Ästhetik zionistischer Propaganda – ein Anachronimus in sich, denn diese war nie nach Europa zurückgerichtet. Das Mouvement aber ist für alle offen, die eine multikulturelle Herkunft haben, oder denen in Europa die Aufenthaltsgenehmigung verweigert wird. Die Idee der Organisation fordert übernationale Identität….