Raimund Stecker
Die Gegenwart der Farbe
Kunsthalle Bielefeld, 6. Juli – 31. August 1986
Welchen Stellenwert nimmt die Farbe in der Malerei der Gegenwart ein? Wird Farbe noch als Eigenwert verstanden oder ist sie wieder nur das, was sie vor ihrer Emanzipation auch schon war, Medium einer malerischen Ding- und Körperbezeichnung? Ist Farbe gegenwärtig noch Gegenstand sowohl produktiver wie auch rezeptiver Reflexionen?…Fragen, die der Bielefelder Ausstellungstitel stellen läßt und die die Ausstellung selbst, wie auch die Katalogbeiträge, zu beantworten versuchen: “…daß Farbe auch in der Gegenwart eine immer noch wirksame Herausforderung an die Malerei darstellt; daß also die aktuelle Malerei nicht einzuschränken ist auf eine einzige Richtung, die ja selbst, mit welchem Etikett man sie auch versieht – neoexpressiv, heftig usw. – bei genauerem Zusehen ihrerseits in die vielfältigsten und widersprüchlichsten Positionen auseinanderfällt.” Neben der Gegenwart der populär aktuellen Malerei gibt es also, so Erich Franz und Bernd Growe in der Thematisierung ihrer Ausstellung, “auch” noch die, die sich in der Tradition einer Wesensreflexion über die die Malerei konstituierenden Elemente – und das Element ist die Farbe – befindet. Programmatisch heben die Ausstellungsmacher ihre Position zur Gegenwartskunst von der populären ab; anerkennenswert, wenn auch nichts Außergewöhnliches wagend, setzen sie ein Argument gegen ein sich immer schneller drehendes und folglich unkünstlerisches Innovationskarussell neuer Formen und Inhalte – sie präsentieren ihre auf Kontinuität basierende Gegenwart (wobei es ja nur eine gibt – also: “die”) der Malerei, und diese fußt auf klangvoll historischen Namen und dem Gegenstand der Malerei schlechthin: Farbe. Bis 1390, bis zu…