»Die Gefahr ist doch sehr deutlich, daß der private, kommerzielle Einfluß wächst«
Jutta Scheink-Sorge sprach mit Wulf Herzogenrath, dem Direktor der Kunsthalle Bremen
Wulf Herzogenrath, geboren 1944, wurde 1989 als Hauptkustos an die Berliner Nationalgalerie berufen, um das neue Museum für Gegenwart im Hamburger Bahnhof zu betreuen. Über ein Jahrzehnt als Leiter des Kölner Kunstvereins und zweifache documenta-Mitarbeit hatten ihn als Kenner des Zeitgenössischen ausgewiesen. Als Differenzen mit dem Sammler und Leihgeber Erich Marx und dessen Kunstberater und -händler Heiner Bastian auftauchten, entschied der Generaldirektor der Staatlichen Museen gegen seinen Kustos. Es ist dies das prominenteste Beispiel für die zunehmend aktuellere Frage nach der Balance zwischen Sammlereinfluß und Museumsinteressen. Wulf Herzogenrath nahm 1994 die Berufung als Direktor der Kunst- halle Bremen an. Nach einer Generalsanierung soll das Haus 1998 mit neuem, zukunftsorientierten Konzept wiedereröffnet werden.
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J. S-S.: Ihr Weggang aus Berlin vollzog sich nicht ohne Eklat. Sie hatten versucht den Einfluß des mächtigsten Berliner Privatsammlers auf ein öffentliches Museum einzudämmen. Ihr anschließender Wechsel nach Bremen provoziert allerdings die Frage, ob Sie nicht vom Regen in die Traufe kamen, denn alleiniger Träger der Kunsthalle ist ein privater Verein. Wie steht es da mit Macht und Einfluß? Man denke nur an das Frankfurter Städel zu Zeiten von Hermann Josef Abs.
W. H.: Da besteht ein großer Unterschied zum Kunstverein hier in Bremen mit seinen 4000 Mitgliedern und 20köpfigem Vorstand. Selbst wenn der eine oder andere Kunst sammelt, ist er nicht deshalb im Vorstand, weil er bestimmte inhaltliche Vorstellungen hat, sondern weil er eine im besten Sinne…