JEAN BAUDRILLARD
DIE FOTOGRAFIE UND DIE DINGE
EIN GESPRÄCH MIT HEINZ-NORBERT JOCKS
Der französische Querdenker Jean Baudrillard fotografiert zwar seit Anfang der 90er Jahre auf Reisen, versteht sich aber nicht als professioneller Fotograf, wenn er auch seine Bilder wiederholt ausgestellt hat, unter anderem in der Kasseler Kunsthalle Fridericianum unter dem Titel “Die Abwesenheit der Welt”. Er, der über das Verschwinden der Realität und die Agonie des Realen per Banalisierung nachsinnt, versteht sich, bezogen auf die fotografische Tätigkeit, nicht als Illustrator seiner eigenen Theorie, sondern als jemand, der in der Fotografie eine ihre längst wieder geraubte Möglichkeit witterte, an den Ort vor aller Bedeutung zurückzukehren. 1929 in Reims geboren, unterrichtete er nach dem Studium der Germanistik zunächst als Deutschlehrer an einer Mittelschule. Er arbeitete als Redakteur der Zeitschrift Traverses. Mitte der 60er Jahre wurde er Assistent bei Henri Lefèbvre an der Université de Nanterres in Paris, wo er 1968 in der Soziologie mit der Arbeit “Das System der Dinge” promovierte und anschließend einen Lehrstuhl für Soziologie übernahm. 1987 habilitierte Baudrillard mit “Das andere Selbst” und beendete im gleichen Jahr seine Lehrtätigkeit. Er selbst nennt sich weder Soziologe noch Philosoph, sondern Theoretiker, von dem bemerkenswerte Äußerungen stammen wie: “Wir können das Objekt nur sehen, sofern es uns anschaut. Wir können es nur anschauen, sofern es uns bereits gesehen hat. Genauso wie wir die Welt nur denken, wenn wir uns zuerst wünschen, dass sie uns denkt. Das ist der geheime Anspruch: vom Objekt gesehen, begehrt und gedacht zu werden. Im Grunde habe ich keine Lust,…