Die eigentliche und die uneigentliche Schweizer Kunst
Von Martin Kunz
Einleitende Bemerkungen: In meinem Vortrag in Innsbruck versuchte ich bewußt, auch meine eigene Position zum gegenwärtigen Kunstbeitrag der Schweiz kritisch zu überdenken. Ich präsentierte keine definitive Schlußfolgerung, sondern einzelne Thesen oder Ansatzpunkte, die bewußt überspitzt formuliert wurden, damit die angepeilten Problemstellen sich entweder deutlicher feststellen ließen, oder umgekehrt, Schwachstellen der Thesen ebenso deutlich erkennbar wurden. Der Vortrag war an und für sich als Überprüfungsprozeß für mich als Autor wie auch für die Zuhörer gedacht. Nach einer Darstellung der Thesen, die hier nur ansatzweise abgedruckt werden können, folgte die Präsentation von über 40 Künstler/innen anhand jeweils mehrerer Lichtbilder, die ich in bezug zu meinem Vortrag analysierte. Diese Bildkommentare sind ebenfalls zu umfangreich, um vollständig wiedergegeben zu werden. Um dennoch eine entsprechende Umsetzung des Referats möglich zu machen, wählte ich 24 Bilder von 16 Kunst 1er/innen aus, die ohne namentliche Bezeichnung reproduziert werden und ohne Anordnung in meine »Kategorien« dem Leser die Überprüfung meiner Ausführungen erleichtern sollen. Diese Reduktion auf wenig Bildmaterial und auf bekanntere Künstler stellt noch kritischere Ansprüche an meine Schlußfolgerungen, die selbstverständlich leichter einsichtig werden, je breiter Werk- und Künstlerauswahl sind.
In diesem Vortrag versuche ich eine eigene Position in Frage zu stellen, nämlich die Behauptung der Existenz einer eigenständigen Identität der jüngeren Schweizer Kunst, wie ich sie 1980/81 anläßlich der Ausstellung »Schweizer Kunst (CH) ’70-’80« im Katalogtext1 aufgestellt habe, insbesonders mit der Feststellung eines neuen Selbstbewußtseins der jungen Schweizer Künstler seit 1970 und einer damit zusammenhängenden Verstärkung von regionalen – spezifischen…