Justin Hoffmann
Seinsentzug. Die Dinge, die Zeichen, die Waren
Forum Stadtpark Graz
19.10. – 4.11.1990
Schon seit einiger Zeit präsentiert sich das Symposion über Fotografie in Graz, das im Jahr 1990 zum elften Mal veranstaltet wurde, samt Ausstellung als eine feste Bastion der konzeptionellen Kunst. Auch diesmal wurde eine lebhafte Diskussion um das Medienbewußtsein in der aktuellen Kunst geführt. Soll die Fotokunst den ihr innewohnenden Zeichen- und Warencharakter betonen? Kann man bei der Fotografie von einem “Seinsentzug” sprechen, oder begibt man sich damit unweigerlich auf den schlüpfrigen Boden der Gedankengänge Heideggers?
Das Thema dieser Veranstaltung im Rahmen des “steirischen herbstes” erläuterte am ausführlichsten der österreichische “Künstler-Philosoph” Peter Weibel. Für Weibel ist der Ausdruck “Seinsentzug” nicht negativ besetzt, denn Kunst ist für ihn die Transformation von Sein in Nicht-Sein. Kreativität bedeutet somit Seinsvernichtung oder Seinsveränderung. Um Argumente zu finden, die seine Theorie der Fotografie (“Kunst interessiert mich nicht, Fotografie ist mir wichtiger”) stützen sollte, holte Peter Weibel weit aus und scheute sich nicht, einen Grundkurs in Philosophie, von Kant bis Marx, von Husserl bis Heidegger und von Freud bis Lacan zu halten. Sein Angriff richtete sich dabei vor allem gegen jene im Kunstmarkt erfolgreiche Fotografie, die das Ding möglichst als Ding ablichtet und nach seiner Meinung eine falsche Nähe suggeriert. Thomas Ruff und überhaupt die ganze “Becher-Schule” bezichtigte er des vorhegelianischen Denkens und Robert Mapplethorpe des Zwangs zum Körperhaften im Sinne der ästhetischen Forderungen Heideggers. Doch wenn Fotografie Seinsentzug ist, welche Konsequenzen hat das für den Fotografen? Für Weibel bedeutet der Seinsentzug zunächst einen…