Die bessere Hälfte.
Künstlerinnen des 20. und 21. Jahrhunderts
Ums vorweg zu sagen: Isabelle Graws umfangreiche Untersuchung zum Verhältnis von Künstlerinnen und Kunstbetrieb, ein wenig kokett “Die bessere Hälfte” betitelt, inspiriert eher mit Blick auf einige ihrer Prämissen und nimmt im Detail ein, als dass das Buch in Gänze überzeugen könnte. Zwar ist es ein erklärtes Ziel der Autorin hier “ein Modell von Kunstkritik und Kunsttheorie zu entwerfen und umzusetzen” (S. 16). Dafür gerät ihr Buch jedoch zu sehr zur Zeit. Und der im Untertitel mutig angeschlagene Drive in Richtung 21. Jahrhundert? Darf nach der Lektüre wohl als Marketingidee des Verlags gelten. Denn die routinierte Kunstkritikerin und langjährige Texte zur Kunst-Herausgeberin Graw hängt tief drin in Methodendiskussionen der 80er Jahre, Haltungsfragen der 90er: Stichwort hierzu, na klar, Kunstbetrieb. Womit Stärken und größte Schwäche des Buches bereits markiert wären (vom dürftigen Lektorat von Seiten des DuMont-Verlags mal abgesehen).
Grundsätzlich stellt Graw “´Geschlechterdifferenz´auf den Prüfstand” (Umschlagtext). D. h. die befragt gezielt die Rezeptionsbedingungen und Anerkennungsmechanismen für – größtenteils – kanonisierte Künstlerinnen, wie Agnes Martin, Bridget Riley, Isa Genzken oder Elaine Sturtevant, Louise Lawler und Andrea Fraser. Dafür entwickelt Graw in drei Kapiteln eine vom Einfall her höchst interessante, in punkto Beweisführung und Standort-Klärung allerdings kaum genügende Methode. Die pendelt sich etwas zu unentschlossen ein zwischen einer sozialgeschichtlich motivierten Auffassung von Kunst á la T. J. Clark oder Serge Guilbaut und Graws eigener, in den frühen 90ern proklamierten, seither aber in die sichere Vorstellung einer “relativen Autonomie der Kunstwelt” (S. 15) eingebetteten “formalistischen Wende” in der…