Die Ausstellung als moderne Ruine
Parcours der Melancholie – die Stadt als Heimliches Leitmotiv
Von Tom Fecht
Neulich bin ich mit meiner Erna übber de Doggumenda gemacht. De Leute sagen ja, es ist Kunst, ne. Aber mal ganz ehrlich: ich persönlich honn nix verstanden”. So einen Kommentar aus hessischen Landen gibt es auf der Treppenstraße zu hören, seit es die documenta gibt. Diesmal gilt er einem komplexen Parcours, der in einem ehemaligen Kopfbahnhof beginnt, dann immer kopflastiger wird und schließlich in der leeren Weite einer grünen Aue sein melancholisches Schlußbild findet – bevor er sich im Cyberspace verliert. Auf dem Weg dorthin ist für den schnellen Blick nichts Spektakuläres zu entdecken, auch wenn beim Gehen, Stehen und Sehen etwas durchaus Ungewöhnliches passiert: Die documenta X kürt die Stadt zu einer der zentralen ästhetischen Erfahrungen unseres Jahrzehnts.
An überraschenden Schnittstellen wird die moderne Metropole zum heimlichen Leitmotiv eines oft melancholisch anmutenden Parcours. Das urbane Motiv schafft Kontakt mit den Reibungsflächen dieser Ausstellung, die die Erwartungen an eine Kunstausstellung einfach nicht mehr erfüllen will: “Die Stadt ist alles, was wir haben, mehr als jemals zuvor.” So lautet das Credo von Rem Koolhaas, einer der neuen Leitfiguren in dieser ungewohnt spröden Veranstaltung, die man mit gutem Recht sofort ablehnen oder aber langsam annehmen kann. Dazu muß man sich allerdings auf eine etwas schwerfällige und bisweilen gequälte Suchbewegung einlassen, die diese documenta vollführt. Alles scheint bei diesem aktuellen Experiment durch einen leider nicht sehr belastbaren Klebstoff zusammengehalten zu werden: Unbeantwortete Fragen. Fragen an den ästhetischen, politischen und…