Thomas Groetz
Die ART des Verschwindens
Avantgardistische Kunst in der Pop-Kultur: über Faust, Peter Blegvad und der Plan
“Rien” steht auf der Rückwand ihrer Bühne geschrieben. Die Gruppe Faust braucht keinen anderen Hintergrund, um ihre Präsenz zu untermauern oder zu überhöhen. Anders als die “Monsters of Rock” benötigen sie keine riesigen Sattelschlepper, die gigantische Bühnenaufbauten transportieren. Wo die Rolling Stones oder Pink Floyd ihrem Dasein Gewicht verleihen und dem Konzertbesucher im Multimedia-Zeitalter gerecht werden wollen, betreibt Faust das Spiel mit dem Nichts.
Zwei Jahre nach ihrem “Reunionkonzert” von 1990, das in Hamburg stattfand, setzen sie dieses Spiel in London fort. Dort wird am Ende der Vorstellung mit einer Kettensäge der Bühnenhintergrund zerschmettert, auf dem ebenfalls “Nichts” geschrieben steht.1
Was bleibt nach dieser Zerstörung des Nichts? Der Beginn von etwas Neuem? Was hat das Auftauchen von “Etwas” und “Nichts” in der Pop-Musik verloren?
Die Pop-Kultur spielte schon immer mit Schein und Sein. In ihrer künstlichen Welt betreibt man Rollenspiele und schminkt Häute je nach Bedarf heller oder dunkler. Ziel des Versteckspiels ist die Befriedigung von Bedürfnissen. Die Wünsche und Bedürfnisse der an der Pop-Kultur Teilnehmenden sind jedoch nicht immer gleich. Produzent, Vermittler und Empfänger haben oft unterschiedliche Interessen und Ansprüche. Soziales und künstlerisches Sendungsbewußtsein, wirtschaftlicher Erfolg und Unterhaltungswerte sind mehrfach mit Bedeutung besetzt und oft nicht zur Deckung zu bringen. Doch was für die einen ein Fluch sein kann, ist für die anderen ein Segen: Pop hat “undichte Stellen”, wo sich der Raum in eine zwielichtige Freiheit öffnet, in Schlupfwinkel, die dazu einladen, von anderen Interessen…