Michael Hübl
Die Angst vor Mohammeds Bildern
oder wird der Danebrog Grün
Anmerkungen zu den jüngsten Bilderstürmen und ihren Folgen für die Freiheit der Kunst
Bilder bedeuten Macht. Sie symbolisieren Macht, und sei es in Gestalt von Herrscherporträts. Und sie üben Macht aus, zum Beispiel durch Werbekampagnen, die Wunschszenarien und Kaufwünsche in das Unterbewusstsein potenzieller Konsumenten implantieren. Die Machtfrage bildet die Basis der Empörungen und Ikonoklasmen, die aus der Geschichte bekannt sind von der alttestamentarischen Zerstörung des Goldenen Kalbs bis hin zu den Mohammed-Karikaturen, mit denen die dänische Tageszeitung Jyllands Posten im Herbst 2005 ein – wie sich im Nachhinein herausstellte – Spiel mit dem Feuer begann. Ungeachtet künftiger geopolitischer Entwicklungen hat die Veröffentlichung der Zeichnungen die Situation der bildenden Kunst radikal verändert. Denkbar, dass mit ihr das vorläufige Ende der künstlerischen Autonomie eingeleitet wurde.
Macht bedeutet Freiheit, zumindest Handlungsfreiheit. Wer die Macht über die Bilder besitzt, definiert das Selbstverständnis einer Gesellschaft. Bilder transportieren einen erheblichen Teil der Normen, vermittels derer sich eine Gesellschaft organisiert oder in Handlungen artikuliert. Wenn aber Bild Macht bedeutet und Macht Freiheit, dann bedeuten auch die Bilder Freiheit. Dieser Zusammenhang wird etwa in den Diffamierungsaktionen und Zwangsmassnahmen sichtbar, mit denen die Nationalsozialisten gegen die Moderne und ihre Urheber vorgingen. Denn faktisch handelte es sich bei den Verleumdungskampagnen, den Berufsverboten und bei der Anordnung, die -in der Terminologie der Machthaber -“entartete” Kunst aus den öffentlichen Sammlungen zu entfernen, um eine avancierte Form des Bildersturms. Auf quasi-atavistische Zerstörungsorgien wie bei den Bücherverbrennungen im Mai 1933 wurde bei Malereien und…