Heinz-Norbert Jocks
Die andere Seite des Mondes.
»Künstlerinnen der Avantgarde«
Kunstsammlung NRW, Düsseldorf, 22.10.2011 – 15.1.2012
Was erwarten wir uns eigentlich von der „anderen Seite des Mondes“? Einen bisher unbekannten Ausblick? Eine überwältigende Reise in eine andere Welt, über die wir nur allzu wenig wissen? Einen gewagten Perspektivwechsel jenseits der Mauern der Konformität? Ein alles irgendwie umstülpendes Erlebnis oder eine alles Bisherige relativierende, gar in den Schatten stellende Erfahrung? Oder einfach nur eine längst fällige Ergänzung und Erweiterung?
Die Ausstellung in der Kunstsammlung am Düsseldorfer Grabbeplatz versteht sich keineswegs als hybrider Versuch oder Beginn einer radikalen Korrektur der von Männern okkupierten und geschriebenen Kunstgeschichte. Denn sie will allenfalls auf die Abwesenheit von weiblichen Künstlern der Avantgarde im ewig wiederbestätigten und wiedergekäuten Kanon aufmerksam machen. Wenn sie dabei eben auch nicht davon ausgeht, sie könne die Festschreibungen umschreiben, aufweichen oder auflösen, so will sie jedoch zumindest die verdrängte, beiseitegeschobene, vergessene, ausgeschlossene, eliminierte oder schlicht ignorierte Kunst der anderen Seite ans Lichts zerren, deren verwischten Spuren folgen und darüber hinaus eigene Spuren legen, die zum Umdenken anregen. Damit sich dies nicht zu einem kaum zu bewältigenden Mammutunternehmen ausweitet, das von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre, beschränkte sich das ambitiobierte Kuratorinnen-Team, dem Susanne Meyer-Blüser, Mette Marcus und Kirsten Degel angehören, auf einen zeitlichen Ausschnitt der Kunstgeschichte des 20.Jahrhunderts. Das europäische Künstlerinnennetzwerk der 1920er und 1930er Jahre wird da in den Mittelpunkt gerückt und buchstäblich zur Besichtigung freigegeben. Also kein forcierter Neubeginn und auch keine reale Wende, sondern mehr ein nüchternes Konstatieren des Mangels oder der Lücken…