MARTIN SEIDEL
Die andere Moderne –
De Chirico / Savinio
Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, 15.9. – 2.12.2001
Giorgio de Chirico (1888-1978) ist es, der sich als Hauptheld der “Pittura metafisica” eingeprägt hat. Aber auch sein Bruder Alberto Savinio (eigentlich Andrea de Chirico; 1891-1952), ein Musiker und Schriftsteller, war zunächst als Theoretiker und Ideengeber, ab Ende der zwanziger Jahre auch als Maler ein wichtiger Mitstreiter. Die historische Bedeutung der auch von Carlo Carrà und Giorgio Morandi getragenen “Pittura metafisica” wurde nicht zuletzt von den Surrealisten erkannt. Apollinaire, der Freund und theoretische Mitstreiter aus de Chiricos Pariser Zeit 1911-1915, erhob diesen zum “erstaunlichsten Maler seiner Zeit”. André Breton ging ergriffen in die Knie und huldigte 1940 den Brüdern: “Der ganze, noch im Entstehen begriffene moderne Mythos stützt sich an seinem Ursprung auf die beiden ihrem Geist nach kaum zu unterscheidenden Werke von Alberto Savinio und seinem Bruder Giorgio de Chirico.” Derselbe Breton allerdings hakte nach und beschrieb den post-metaphysischen de Chirico auch als Maler-Stern, dem allzu bald der Glanz seiner brillant kurz gefassten früheren Gemälde abhanden gekommen war.
Das ändert nun nichts an der Bedeutung der “Pittura metafisica”. Deren Einfluss auf Dadaismus, Surrealismus, Neue Sachlichkeit und Magischen Realismus ist offen sichtbar und mit Händen zu greifen und spricht ebenso klar zu de Chiricos Gunsten wie die unübersehbare Ergebenheit der italienischen Transavanguardia der 80er Jahre.
Dennoch ist es unterdessen zwanzig Jahre her, dass de Chirico seine letzte große Einzelausstellung hatte. Und so war es wieder einmal an der Zeit. Paolo Baldacci, der Mailänder de Chirico-Monograph, Wieland Schmied sowie die…