Heinz-Norbert Jocks
Diana Rattray
Galerie Udo Bugdahn, 16.9.-29.10.1988
Die aus dem englischen Windsor stammende Diana Rattray ist, wenn sie malt, weder als Seismograph psychischer Stimmlagen noch als behutsamer Wirklichkeitsprotokollant tätig. Sie ist eine von der schnellen Assoziation Inspirierte, die mit erstaunlicher Akribie zurückkehrt zu dem, was sie irgendwo und irgendwann sah, eine Akrobatin gleißender Metamorphosen. Wenn sie die Farbe mit Händen auf das Blatt verteilt, löst dieser durch die unmittelbare Berührung vertiefte Sehkontakt mit der Welt zufälliger Farbverläufe bei ihr eine kaum zu bremsende Flut von Assoziationen zu von Menschen belebten Raumphantasien aus, die im nachhinein von der mehr und mehr Eingreifenden mittels Pastellfarben in offene Bildphantasien überführt werden. Vor dem Auge des Betrachters erstreckt sich ein irritierendes Chaos zielloser Bewegung, ein mythischer Wechsel zwischen Tag und Nacht, Licht und Finsternis, Hoffnung und Melancholie, angesiedelt zwischen Rot, Blau und Schwarz.
Für die langsame Bildentstehung auf der Basis kleinster Wahrnehmungen sind besonders die klaren Affinitäten zu menschlichen Figuren ein auslösender Moment. In der Regel beginnt die intime Auseinandersetzung mit der weißen Fläche mit zügiger Farbverteilung. Das Auge der Künstlerin, die im zufällig Vorhandenen Anlässe für ihre Expansion sucht, tastet die Farben ab nach möglichen Formen, die sich auf etwas Konkretes beziehen lassen. Dieses rhythmisch wichtige, sich zufällig ergebende Formarsenal erweist sich als Zündung und als Nabelschnur zu dem bildnerischen Keimling, der jetzt auf der Fläche zu wachsen, zu pulsieren beginnt, sich verselbständigt, sich zu einem autonomen Bildkörper auswächst, der schließlich den ursprünglichen Farbgrund oft völlig überwuchert.
Im Grunde genommen erzählt Diana Rattray die unendliche Geschichte…