Hermann Pfütze
Deutschlandbilder – Kunst aus einem geteilten Land
Martin-Gropius-Bau, Berlin, 7.9.1997 – 11.1.1998
Am Anfang steht Max Beckmanns kleiner “Mann im Dunkeln”, Halt suchend mit kurzen Schritten, weit offenen Ohren, witternder Nase und tastenden Händen. Füße und Arme sind übergroß, wie um den Raum zu erweitern. (James Turrell hat dies unwillkürliche Bestreben in dunklen Räumen experimentell bestätigt.) Mund und Augen sind geschlossen, nach innen konzentriert. Die gut einen halben Meter große Bronzefigur aus dem Jahr 1934 ist ein geglückter Auftakt der Ausstellung. Man sympathisiert sofort mit ihr wie mit einem guten Geist und freundlichen Begleiter. Denn der “Mann im Dunkeln” ist sowohl das Gegenteil des Dunkelmannes, der das Licht scheut, als auch der Lichtgestalt, die andere in den Schatten stellt.
Damit ist die Absicht dieser ‘Deutschlandbilder’ angedeutet: weder Dissidenten- noch Staatskunst, weder Identifikation mit einem Teil deutscher Geschichte noch Anklage eines anderen, sondern individuelle Bilder und Gedanken dazwischen, die an sich selber Halt finden müssen, wie der Mann im Dunkeln. Da alle Werke und ihre Urheber im Katalog biografisch, historisch und ästhetisch erörtert werden, können auch die Texte daraufhin gelesen werden, wie sie ohne Ablenkungsmanöver und Mystifikationen bei der Sache bleiben. Um zwei m.E. gelungene Beispiele vorweg zu nennen: der klarsichtige Text Durs Grünbeins zu den Bildern A.R. Pencks und der familientheoretische Kommentar Regina Schutz-Zobrists zu Rosemarie Trockels “Mutter” und “Vater”. Die von Grünbein treffend sogenannten “Niemandsfiguren” und “Niemandstänze” Pencks in seinen “Weltbildern” und Rosemarie Trockels Plastiken und Zeichnungen von Mutter und Vater aus ihrem Zyklus “Familien-Modelle” sind nicht eingebettet in ein…