Deutsche Künstler im P.S. 1
von Wolf Schön
Body-Art à la New York-Manhattan: ein vernarbter Schnitt, präzise plaziert wie mit dem Skalpell eines Star-Chirurgen, diagonal übers Gesicht; ein zweiter die Stirn entlang und hart an den Augenbrauen vorbei; der dritte markiert ziemlich genau die Entfernung zwischen Kehlkopf und Halsschlagader.
Kaum hatte der Kölner Stipendiat Gregor Gürten seine Koffer unter dem Stahlrohrbett seines Appartments am West Broadway verstaut, wurde er Opfer eines Überfalls, den die Polizei als den achtundzwanzigsten des Tages registrierte.
Ein hünenhafter Schwarzer verstellte dem feingliedrigen Künstler vor seiner Haustür den Weg und malträtierte ihn mit einem Rasiermesser, weil die Auszahlung der geforderten Beute nicht schnell genug vonstatten ging. Es folgten fünf Wochen Hospital-Aufenthalt in der Stadt seiner Träume und Alpträume, die der berühmte Kollege Andy Warhol, selbst Überlebender eines wahnwitzigen Attentats, zum aufregendsten Kunstwerk der Welt erklärt hat.
An der Wand des weißgekälkten Ateliers hängt das Bild eines jungen Mannes mit schwarzen Augenhöhlen und rissigen Falten, die den Anschein von schlechtverheilten Wunden erwecken. Ein Selbstportät? Ja, aber es wurde nicht nach, sondern zwei Tage vor der mörderischen Attacke gemalt. Beobachtet hatte der Künstler an sich selbst die Auswirkungen der Bedrohung und Gewalt, jenes faszinierenden Klimas latenter Aggression im Schatten der blitzenden Hochhausgiganten, das den Gast aus dem risikoarmen, wagnismüden Europa gleich nach seiner Ankunft auf dem Kennedy-Airport zu fesseln begann. Kein Fall von Hellseherei also, sondern nur ein Exempel auf die Wahrscheinlichkeit der Statistik: Wenn es Nacht wird in New York, geht eine geschätzte Viertelmillion Junkies, von der Heroin-Sucht getrieben, auf Dollar-Jagd.
“Wie Autos…