Johannes Meinhardt
Desire
Ursula Blickle Stiftung, Kraichtal, 17.6. – 15.7.2001
85 Arbeiten von 85 Künstlern wurden in dem großen Raum des Dachgeschosses der Ursula Blickle Stiftung von Peter Weiermair, dem Kurator dieser Ausstellung, dicht neben- und übereinandergehängt: gerade weil die Arbeiten sehr unterschiedlich sind, in ihrem Niveau, in ihrer Reflektiertheit, in ihren jeweiligen Kontexten, sogar in den Mitteln oder Medien, die sie einsetzen, ist eine solche Präsentation sehr einleuchtend – sie behauptet kein übergeordnetes Prinzip der Auswahl, sondern zeigt sich explizit als Sammlung und Ansammlung. Zeichnungen, Gemälde und Photographien treten nur leicht durch thematische Verdichtungen verknüpft nebeneinander; ein großer Teil der Arbeiten ist ganz neu, stammt aus den letzten drei Jahren.
Der Terminus ‘Desire’ wird auf dem Weg zur Ausstellung, im Treppenhaus, durch eine Anzahl von Zitaten weniger definiert als weit ausgedehnt; die Zitate reichen von der frühesten Neuzeit, von Dante, über philosophische Termini wie conatus und appetitus (bei Leibniz und Spinoza) bis zu psychoanalytischen Begriffen, so dass ein ganzes Feld umrissen wird, das auf unterschiedlichsten Ebenen verstanden wird (Begehren, Drang, Trieb, Sehnsucht, Verlangen, Begierde, Neigung), das sich aber durch eine grundsätzliche Gemeinsamkeit auszeichnet: die affektive oder emotionale Relation, die Bezogenheit auf einen Anderen, vom Libidinösen bis zu komplexen Empfindungen. Dementsprechend reichen die Formulierungen des jeweiligen Sujets von einzelnen Körperpartien oder Partialobjekten über den Körper als Objekt bis zur imaginierten oder gesehenen Person.
In diesem sehr weiten Feld – das den Vorteil hat, wenigstens kein starres ‘Thema’ vorzugeben – lassen sich einige Gruppen unterscheiden, die teilweise direkt mit bestimmten historischen Zugangsweisen der Künstler zu…