Des Kanzlers neue Bilder
Wolfgang Ullrich: Mit dem Rücken zur Kunst.
Die neuen Statussymbole der Macht
Die Aufnahmen sind unfreiwillig komisch. Auf 13 Seiten hat Wolfgang Ullrich Fotografien von Politikern und Managern versammelt, die eines eint: Die Abgebildeten posieren vor zeitgenössischer Kunst. Gerhard Schröder mit Zigarre steht vor einer Komposition in Rotschwarz, der Bankchef Rolf Breuer vor grünen, roten, schwarzen Pinselgittern. Jungsozialistin Andrea Nahles hat ein Ensemble plakativ roter Trapeze als Hintergrund gewählt, und Melitta-Chef Thomas Bentz hält vor tiefblauer Farblandschaft seine Kaffeefilter in die Kamera. Auf Künstlernamen und Titel der Arbeiten hat Ullrich in den Bildunterschriften verzichtet – in seinem Buch Mit dem Rücken zur Kunst geht es nicht um werkimmanente Interpretationen, sondern um die Funktion zeitgenössischer Kunst als Statussymbol der Macht.
Das war überfällig. Die Indienstnahme bildender Kunst von Wirtschaft und Politik wird kontrovers diskutiert, seit Unternehmen vermehrt Kunst fördern und erwerben, ihre Ankäufe öffentlich machen und kaum ein Regierungsneubau ohne Kunst auskommt. Wolfgang Ullrich greift aus der Debatte um Imagetransfer versus kulturellem Auftrag die Frage heraus, welche Verwendung die Kunst in der medialen Selbstdarstellung der Eliten findet. Warum, so wollte der 34-jährige Kunsthistoriker wissen, posieren die Manager dieser Republik so stolz vor Bildern? Unter Verzicht auf viel Theorie, der sein Buch zu einer leichten Einführung in das Thema macht, hat der Wissenschaftliche Mitarbeiter der Münchner Akademie für Bildende Künste dann schnell die Antworten gefunden.
Ihn besticht zunächst die Tatsache, dass es sich meist um abstrakte Malerei handelt, um “grelle und großflächige Gemälde”, die, wie Ullrich meint, keine konkreten Inhalte auf…