Dieter Daniels
Videoinstallationen
Nam June Paik
Der zweite Unfall des 21. Jahrhunderts
Video Works 1963-88
Hayward Gallery, London,
29.9.-11.12.1988
Das Unglück geschah im Jahre 1982 auf der Madison Avenue, Ecke 75.Strasse in New York: der Roboter K-456, während einer Ausstellung im Whitney Museum auf seinem Spaziergang unterwegs, wurde von einem Auto angefahren. Nam June Paik, sein Schöpfer und einziger Angehöriger – ihm galt die Retrospektive – sprach vom “ersten Unfall des 2I.Jahrhunderts”.
Der nächsten Robotergeneration wollte Paik ein anderes Schicksal bescheiden. 1986 schuf er gleich eine ganze “Family of Robot”: Großeltern, Eltern, Onkel und Tante und -mittlerweile – fünf “Kinder”. Sechs Angehörige der älteren Generation und ein Baby-Robot (fast alle in festen Sammlerhänden) versammelten sich vom 29.September bis 11 .Dezember /.u einem Familientreffen, von der Londoner Hayward Gallery recht leichtfertig als Retrospektive der “Video Works 1963-88” angekündigt. Gegen den schlaksigen, stets secondhand wirkenden K-456, einem unverkennbaren Fluxus-Zeitgenossen, macht die Family of Robot einen eleganten Eindruck. Mit ihren Moduln alter Fernseh- und Rundfunkempfänger-Gehäuse gibt sie sich sogar recht traditionsbewußt.
Mit fernöstlichcr Zurückhaltung erträgt die Familie die videoarcade im Museum. Allein das Flimmern auf den implantierten Monitoren läßt auf eine leichte Genervtheit schließen. Das ist weiter kein Wunder, denn der auf die schiefe Video-Bahn geratene Joseph Beuys hört und hört nicht auf zu singen. Der einzige, den das alles nicht schreckt, ist der kleine ehrwürdige “Buddha”. Der ist völlig mit sich selbst beschäftigt, und so zeigt er der Familie die kalte Schulter. Er ist ja viel älter als die Oma, die angesichts des gedankenlosen Durcheinanders der Ausstellung gerne ihre…