Jean Baudrillard:
Der Xerox und das Unendliche
Das Zölibat der Maschine zieht das des Telematischen Menschen nach sich. So wie er sich vor seinem Computer oder seinem Wordprocessor ganz dem Schauspiel seines Gehirns und seiner Intelligenz hingibt, gibt der Telematische Mensch sich vor seinem kleinen Fernsehcomputer dem Schauspiel seiner Phantasmen und einer virtuellen Wollust hin. In beiden Fällen von Wollust oder Intelligenz treibt er sie auf die Interface mit der Maschine aus. Der Andere, der sexuelle oder kognitive Teilnehmer wird in einem Überfliegen des Bildschirms, das Erinnerungen an das Überfliegen des Spiegels wachruft, nie wirklich ins Auge gefaßt. Die Maschine (der interaktive Bildschirm) verwandelt den Kommunikationsprozeß, den Prozeß der Beziehung von einem zum anderen in einen Umschaltungsprozeß, das heißt in einen Prozeß der Umkehrbarkeit des Selben ins Selbe. Das Geheimnis der Interface liegt darin, daß der Andere auf ihr virtuell der Selbe ist – wobei die Andersheit verstohlen von der Maschine beschlagnahmt wird. Ist daher der wahrscheinlichste Kommunikationszyklus der der Bildschirmtexter, die vom Bildschirm zum Telephonaustausch, dann zum Face-to-Face und dann wohin wechseln? Nur, “man ruft sich an” und kehrt dann zum Fernsehcomputer zurück, viel erotischer schlußendlich, weil esoterisch und transparent zugleich, reine Form der Kommunikation, da ohne Promiskuität, da die des Bildschirms und eines elektronischen Textes zwischen den Zeilen des Lebens, neue platonische Höhle, in der man die Schatten fleischlicher Lust vorüberziehen sieht. Warum miteinander sprechen, wenn es so leicht ist zu kommunizieren?
Wir lebten im Imaginären des Spiegels, dem der Verdoppelung und der Szene, dem der Andersheit und dem Willen, das…