Kollaborationen Teil 3
DER TRAUM, IN DEM ALLES ZUSAMMENPASST
Die theatralen Installationen von SIGNA spielen zwischen Theater, bildender Kunst und inszeniertem Life-Event – das fordert komplexe Formen der Zusammenarbeit.
Ein Gespräch mit den Köpfen der Gruppe Signa und Arthur Köstler von Max Glauner
Kein Lebensbereich von der Wirtschaft über die avancierte Forschung bis hin zur Unterhaltungsindustrie kommt heute ohne komplexe Formen der Zusammenarbeit aus.1 In der bildenden Kunst ist es kaum anders. Die meisten Künstlerinnen und Künstler, die es sich leisten können, unterhalten Werkstätten. Sie lassen ihre Arbeiten fertigen, aufbauen, Filmsets arrangieren oder Softwares entwickeln. Doch sind dies im emphatischen Sinn künstlerische Kollaborationen? Unsere Ausgangsthese dazu lautet, dass sich die künstlerische Kollaboration von allen Formen der Kollaboration, Kooperation und Interaktion signifikant unterscheidet und zwar in der Erkennbarkeit der Autoren im Werk oder der Aufführung.2 Jede, jeder der Beteiligten hinterlässt dabei eine unverwechselbare Spur.
Die dritte Runde Kollaborationen sucht nun das Gespräch mit den Machern der mittlerweile legendären Künstler- und Theatergruppe SIGNA. Arbeiten wie Anne Imhofs Deutscher Pavillon zur Venedig Biennale wären ohne sie undenkbar gewesen.
Die dänische Kunsthistorikerin und Medienwissenschaftlerin Signa Köstler zeigte ihre erste bewohnte und begehbare Installation Twinlife, 2001, in Kopenhagen. Seither produzierte sie unter dem Label SIGNA, seit 2004 mit ihrem Ehemann, dem österreichischen Künstler Arthur Köstler, jährlich durchschnittlich ein bis zwei groß angelegte Performance-Installationen in speziell eingerichteten Räumen, die von professionellen Darstellern oft mehrere Wochen 24 Stunden bewohnt wurden und in dramaturgisch abgestimmten Zeiträumen vom Publikum auch rund um die Uhr aufgesucht werden konnten. Signa und Arthur Köstler waren dabei immer auch als Darsteller präsent.
Produktionen wie Secret Girl, 2004 am Theater Meiningen, die erste Aufführung in Deutschland, oder The Dorine Chaikin Trilogy, 2007 – 2008, führten die Zuschauer als Mitspieler an perfekt gebaute Orte existenzieller Randsituationen, von psychiatrischen Kliniken bis in die Dystopie eines Kriegszerstörten Königlich Dänischen Staatstheaters. Salò, 2010, in einer Kopenhagener Villa inszeniert, machte durch vermeintlich zu großer Nähe zum literarischen Vorbild Skandal. Mit der Kölner Produktion Die Erscheinungen der Martha Rubin wurde SIGNA 2008 zum Theatertreffen Berlin eingeladen, Das ehemalige Haus, 2011, für die Salzburger Sommerfestspiele produziert. Nach Das halbe Leid, die Dystopie eines fiktiven Seelsorgevereins, 2017 – 2018, bereitet SIGNA unter anderem ein Projekt zu Fahrenden vor. Rosa’s Tivoli wird in Koproduktion mit dem Oldenburgischen Staatstheater bis 2020 umgesetzt.
Der Betrachter-Zuschauer taucht in eine inszenierte Welt ein, mit vielen Figuren, unzähligen Objekten und Geschichten.
Max Glauner: Was bekommt Euer Publikum zu sehen?
Signa Köster: Wir bauen und inszenieren begehbare Installationen. Der Unterschied zur Bildenden Kunst liegt darin, dass unsere Installationen von Darstellern bewohnt sind. Die Aufenthaltsdauer des Publikums in der Installation liegt je nach Konzept zwischen zweieinhalb Stunden und mehreren Tagen. Der Betrachter-Zuschauer taucht in eine inszenierte Welt ein, mit vielen Figuren, unzähligen Objekten und Geschichten. Wir arbeiten dabei in großen Räumen mit einem großen Stab. Bei unserer letzten Aufführung Das halbe Leid, 2017 für das Schauspielhaus in Hamburg waren es 40 Darsteller mit jeweils 50 Besuchern, die sich 12 Stunden im Setting eines fiktiven Vereins in einer bestimmten Dramaturgie frei bewegten, aßen, schliefen und an dem sozialen Leben der Bewohner teilnahmen. Die kürzeste war 2:45 Stunden Das ehemalige Haus, 2011,3 bei den Salzburger Festspielen. Da hatten wir in einer Villa drei Schichten à 25 Besucher.
Arthur Köstler: Am Anfang haben wir kein Geld bekommen. Die Kunst sagte, das sei Theater. Und das Theater, das sei Kunst. Mittlerweile hat uns das Theater in die Arme geschlossen.
Wir müssen unseren Darstellern beibringen, sich bewusst zu sein, dass, und was ihre „Masse“ gerade formt. Und das müssen sie ins Bild reinkriegen.
SK: Na ja, Arthur, ich war schon vor deiner Zeit am Theater unterwegs. Anfangs hatte ich Kontakt mit Produzenten einer Tanzkompanie. Wir haben uns mit Twinlife, 2001,4 bei einem Festival beworben. Wenn man einmal aus einem Topf Geld bekommt, ist es für das nächste Mal leichter. Aber damit machen wir nicht mehr Theater, als etwas anderes.
Du hast immer wieder betont, dass der Impuls zu den belebten…