Svetlana und Igor Kopystiansky:
»Der Text und das Bild sind nie wirklich zerstört, sie sind versteckt.«
Ein Gespräch von Heinz Schütz
Svetlana Kopystiansky arbeitet mit Texten, Igor Kopystiansky mit Bildern. So unterschiedlich die Arbeiten der beiden Künstler sind, die von ihnen zugrundegelegten künstlerischen Verfahren sind weitgehend identisch: Beide rekurrieren auf bestehende Werke aus der Kunst- respektive Literaturgeschichte. Beide behandeln Zeichen dinghaft wie Gegenstände – semiotisch gesehen sind Bilder ikonische und Texte symbolische Zeichen -, so daß der materielle Bedeutungsträger ins Blickfeld rückt und sich anschickt, über die Bedeutung zu dominieren.
In ihren Anfang der achtziger Jahre entstandenen Schriftbildern geht Svetlana Kopystiansky von Landschaftsmalereien aus. Sie kopiert diese, indem sie bestehende Texte abschreibt. Die Konturen der Landschaft ergeben sich durch die verschiedene Farb-intensität der Tinte. In jüngeren Arbeiten zerknüllt sie das beschriebene Papier, so daß Strukturen entstehen, die den Text zeigen und gleichzeitig partiell verhüllen. Oder: Sie wählt als Schreibgrund Rucksack, Nähkästchen oder Schrank, Gebrauchsgegenstände also, die etwas beinhalten und gleichzeitig verbergen. Dieses Changieren zwischen Anwesenheit und Abwesenheit, zwischen Semantik und Material prägt auch die Reihe ihrer Bucharbeiten. Svetlana konfrontiert die Bücher mit Gebrauchsgegenständen und behandelt die Bücher wie Dinge. Die Serie von Bucharbeiten gipfelte jüngst in einer Reihe von großen Bibliotheksinstallationen.
Igor Kopystiansky rekurriert auf gegenständliche Malereien der Kunstgeschichte. Er kopiert sie eigenhändig, wobei ihm als Vorlage Reproduktionen dienen. In seinen “kompakten Ausstellungen” stapelt er die kopierten Bilder übereinander oder rollt die Leinwände zu Knäueln. Als Gegenstand behandelt, verschwindet das Bild und bleibt doch im verborgenen präsent. Diese Dialektik von Zerstörung und Bewahrung wird…