MARTIN PESCH
Der Stand der Dinge
CHRISTOPHER MULLERS ARBEIT AM GEGENSTAND
“Unnötig fortzugehen: sich auf die Dinge
verlegen, die einen mit neuen Eindrücken
überhäufen, die zahllose unbekannte
Qualitäten anbieten.”
Francis Ponge
Loudon Wainwright III zählt in seinem Song “Plane, Too”, der 1971 auf seinem zweiten Album erscheint, Dinge auf, die sich in einem Flugzeug befinden; ein lakonischer Vers nach dem anderen. “Hostess button on the plane/Ventilator too/Vomit bag was on the plane/Oxygen too,” lautet zum Beispiel die fünfte Strophe. Am Ende des Liedes entdeckt der Sänger sich selbst: “There was a mirror on the plane/Me too.” Dann spielt die Gitarre weiter, als gäbe es noch etwas, verklingt dann aber resigniert. Der Ich-Erzähler dieses Liedes entdeckt sich selbst am Ende einer Reihe von Gegenständen und Leuten, die sich mit ihm in einer Flugzugkabine befinden. Unter allem, was aufgezählt wird, gibt es keine Rangfolge, selbst die Reihenfolge in der Aufzählung ergibt sich eher aus sprachlichen Gründen. Im Aufbau des Liedes spiegelt sich diese Nicht-Hierarchie unter den Objekten im Fehlen der konventionellen Abstufung zwischen Strophe und Refrain.
Dass sich das Ich im letzten Vers selbst dort einreiht, ist einerseits Reflex auf eine zeitgemäße Kritik an der Verdinglichung des Menschen. Andererseits zeigt es an, dass diese Reihe banaler Benennungen in der Form dieses Songs auf den zurück geht, der sich am Ende selbst erwähnt. Auch alle Lakonie kann die komponierte Form, die bewusste Gestaltung der scheinbar neutralen Aufzählung nicht verschleiern. Angesicht der Fotografien von Christopher Muller ist dies ein immer wach zu haltender Gedanke….