Der Spur des Staunens folgen
Von Schock und Attraktion im Film hin zu “Becoming Animal”
von Suzanne Pellaux
„Dieser Moment, in dem die Lichter ausgehen. Monatelang hast du dich auf diesen Film gefreut, ihm entgegengefiebert und nun bekommst du ihn endlich zu sehen. Kein Anruf, kein SMS und keine Werbeeinblendung wird deine Erfahrung trüben. Du hast die hundert Unter haltungsmöglichkeiten dieser hektischen Stadt auf eine einzige Wahl heruntergebrochen. Du bist genau dort, wo du sein solltest. Licht bricht ins Dunkel und vor dir liegt unentdecktes Land.“
Das Kino ist ein Schauraum, ein Ort originärer Sinneslust. Zum bloßen Sehen kommt hier das Staunen hinzu. Wenn die Aufmerksamkeit die Leinwand fokussiert, dann erhöhen sich die Potentiale der Wahrnehmung und des Empfindens. Das ästhetische Erleben taucht ein in einen ganz eigenen Kosmos.
DAS STAUNENERREGENDE ANTLITZ DER WELT
Im Staunen erfährt der Mensch das intensive Erleben eines Augenblicks, mit dem ein Gefühl der Freude, ein Beglückt-Sein einhergehen können. Seit geraumer Zeit hat der Kinobesuch den Kirchgang abgelöst, inklusive des Versprechens auf eine mögliche spirituelle Erfahrung.
Staunen verkörpert aber nicht nur Hingabe und sinnlichen Genuss. Nicht selten sind wir im Staunen mit dem Widerständigen in unserer Welt konfrontiert. Es ist das Unerwartete und Überraschende, das uns aus der Kontinuität alltäglicher Wahrnehmung reißt. Wir reagieren irritiert oder halten inne, denn zwischen der Wahrnehmung und der Erwartung stellt sich das Gefühl von Differenz ein. Das hätte ich nie gedacht, damit habe ich nicht gerechnet, mag der Kommentar dazu sein. Dieses Überrascht-Sein löst eine innere Aktivierung aus, die zu Fragen…