Michael Nungesser
Der skulpturale Blick
»Installationen von Gabriel Orozco«
Sonderausstellungshallen am Kulturforum, 11.1. – 2.3.1997
Die beiden Hallen am Kulturforum, gedacht für Wechselausstellungen der Staatlichen Museen, gleichen gigantischen Containern. Ihr hell erleuchtetes Inneres läßt alles darin Gezeigte klein erscheinen. Um so mehr, als die Kunst des 1962 im mexikanischen Veracruz geborenen Gabriel Orozco vor allem in der Beschränkung liegt. Im Minimalen und Kargen. Im Andeuten und Anspielen. Im Changierenden und Uneindeutigen. Im Spiel auf vielen Ebenen. Auch im Verrätseln. Und das nicht nur im künstlerischen Binnenverhältnis, sondern auch in Bezug der Werke zueinander, zum Raum und zum Betrachter.
Die obere Halle wirkt besonders leer. Der Blick des Eintretenden wird wohl zwangsläufig auf das einzige raumakzentuierende Objekt gelenkt, eine aus vier kunstvoll auf- und ineinander montierten Fahrrädern bestehende Skulptur: Gruß an Ready-made-Schöpfer und Ahnherr der Konzeptkunst, Marcel Duchamp, und Zeichen vielleicht für die Vergeblichkeit des Fortschritts oder – bedenkt man den ironischen Untertitel: “There is Always One Direction”, 1994 – auch des destruktiven Zwangs zur Uniformität. Dem hochaufragend-konstruktivistischen Technik-Mal korrespondieren, im Raum verteilt, vier unterschiedlich große Kugeln aus Plastilin und anderen Materialien, schwer, massiv, kompakt, doch auch leicht ins Rollen zu bringen. Sie entsprechen Körpervolumen und -gewicht des Künstlers, der somit, in skulpturale Urform transformiert, anwesend ist.
In der unteren Halle stehen zwei tischartige Sockel im Zentrum, auf denen sich neben einem nur aus Pferden bestehenden Schach (“Horses Running Endlessly”, 1995) viele kleine Objekte befinden, zum Teil wieder Plastilinkugeln, aber auch Orangen, Zitronen, Melonen, Vasen-ähnliche Körper und Socken aus Papiermaché. Im selben Raum sind an…