DEREK JARMAN
Der Schlüssel ist die Kunst
von Gray Watson
Zwei Eigenschaften, die nahezu jeden, der mit Derek Jarman zusammenkam, wohl am stärksten beeindruckten, waren seine Energie und seine geistige Größe. Dazu kamen sein Humor, seine Offenheit und, besonders gegen Ende seines Lebens, sein wahrlich heldenhafter Mut. Und zweifellos hatte er eine durch und durch eigene Vision, wie nicht viele Künstler sie haben.
Egomanischer Visionär
Seine Energie war legendär und für viele eine ungeheure Quelle der Inspiration. In seinem hervorragenden Nachruf auf Jarman im “Independent” schrieb Colin McCabe: “Wenn man diesem Mann in den Straßen von Soho begegnete und in nur wenigen Minuten mit einer Wahnsinnsintensität ein ganzes Dutzend von Projekten besprach, hatte man wieder für Wochen Energie getankt und fühlte sich wie neugeboren.”1
Auch für den, der Jarmans Energie kannte, war es fast unglaublich, daß er, nachdem er Ende 1986 von seiner Aids-Krankheit erfahren hatte, in den ihm verbleibenden sieben Jahren noch sechs Filme drehte, fünf Bücher schrieb (die vielen Drehbücher nicht mitgerechnet), Bilder malte in einem Umfang, für den mancher Maler ein ganzes Leben braucht, einen Garten schuf, der ob seiner Originalität in die Geschichte der Gartenkunst eingehen wird, und sich außerdem unermüdlich für die Sache der Schwulen engagierte – und all das, obwohl er häufig mit schlimmsten Symptomen zu kämpfen hatte, bis hin zu motorischen Störungen und Erblindung im Spätstadium seiner Krankheit.
Diese außerordentliche Leistung kam auch deshalb zustande, weil Jarman nie ein Perfektionist war. Lynn Barber gegenüber äußerte er einmal: “An Perfektionismus leide ich nicht unbedingt. Entscheidend ist, daß man nicht so…