Jutta Schenk-Sorge
Der Riss im Raum
Positionen der Kunst seit 1945 in Deutschland, Polen, der Slowakei und Teschechien
Martin-Gropius-Bau, Berlin, 26.11.1994 – 5.2.1995
Galeria Zacheta, Warschau, 13.3. – 18.4.1995
Galerie der Hauptstadt Prag, 19.9. – 19.11.1995
Die Ausstellung macht es nur zu deutlich: Es sind noch nicht einmal alle Fragen gestellt, geschweige denn Antworten gefunden, in der Auseinandersetzung um die Kunst des ehemals totalitären Ostblocks. Künstlerische Positionen der Nachkriegszeit in den Ländern Zwischeneuropas werden anhand von 49 Künstlern dargelegt (17 deutsche, 15 polnische, 10 tschechische, 7 slowakische). Die Schau ist sorgfältig installiert, der Rundgang informativ durch die vorgestellten “Ost”-Künstler, die Spannweite der Medien reicht bis zu Installationen, Video und Computerbild. All das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß man bei der Bearbeitung dieses vielschichtigen und unübersichtlichen Feldes noch ganz am Anfang steht. Die historische Distanz scheint noch zu gering, und die aktuelle Situation erweist sich, in den Worten der slowakischen Kuratorin Ada Krnácová-Gutleber, als eine “allgemein herrschende Krise des Menschenverstandes”. Die Ausstellung soll davon zeugen, so Matthias Flügge, der den deutschen Part im Viererteam der Kuratoren einnahm, daß ein autonomer geistiger Raum jenseits der staatlich verordneten Doktrin existierte, in dem Künstler nach “Aufrichtigkeit gegenüber der Geschichte, der sozialen Situation und dem Werk” strebten. Kurz, daß Integrität auch in Diktaturen möglich ist. Dieser eher ethisch als ästhetisch begründete Ansatz des Unternehmens stellt die Ausstellung und die Besucher von Anfang an auf unsicheren Boden. Geht es um künstlerische Integrität, um die Moral der Künstler, oder um künstlerische Qualität, die Werke selbst? Wie verhält sich das…