Reinhard Ermen
Der Raum der Linie
»Amerikanische Zeichnungen und Skulpturen ab 1960«
Museum Wiesbaden 12.7. – 7.10.2012
Die epische Bilderwut der aktuellen Kunstszene ist weit weg. Auf den ersten Blick herrscht so etwas wie eine große Zurückhaltung, man könnte auch von Reduktion sprechen. Kunstgeschichtliche Deskriptoren wie Minimalismus und Postminimalismus, unter die der größte Teil der hier versammelten Blätter und Objekte einzuordnen ist, unterstreichen das. Ersetzt man die eingeführten Mangelvokabeln durch andere Formulierungen, in denen KONZENTRATION das allgegenwärtige Hauptwort wäre, dann hat man vielleicht erfasst, was die Sammlung Michalke ausmacht. „Beim Betrachten der Arbeiten geht es mir wie beim Hören von Bach“, sagt Markus Michalke im Gespräch zu Pia Gottschaller: „Wenn ich in eine Ausstellung gehe, in der Skulpturen von Judd, LeWitt oder Sandback sind, macht mich das glücklich.“ Am Glück dieses Enthusiasten kann, wer mit ähnlichem Gespür für das Wesentliche ausgestattet ist, teilhaben. Unter dem schönen Titel „Der Raum der Linie“ haben die Graphische Sammlung der Pinakothek der Moderne (Michael Semff) und das Museum Wiesbaden die Sammlung Michalke öffentlich gemacht. In München war sie im Jahr zuvor Teil des „American Summer“, und ist da im Aufmerksamkeitsstrudel des großen Ereignisses möglicherweise etwas untergegangen. Für Wiesbaden hat Jörg Daur die Ausstellung mit etwas anderer Akzentuierung ausgebreitet. Diese Lesart profitiert von der Tatsache, dass nach dem Abbau der Ellsworth Kelly Schau relativ viel Platz im Hause war.
Zeichnungen spielen die Hauptrolle, doch geht es eigentlich nicht darum. Michalke ist einer, den Raumkonzepte interessieren, was hier an ‚Skulptur’ versammelt ist, mutet an, als sei es soeben…