Florian Rötzer
Der Maler ist kein Theoretiker?
Einige Einführende Bemerkungen zu Asger Jorns »extremer Ästhetik
Obgleich Asger Jorn in Deutschland vor allein mit München verbunden ist, gibt es erst jetzt die erste und umfassende Ausstellung im Lenbachhaus. Jorn war eine wichtige Figur der europäischen Avantgarde nach dem Krieg. Als Gründungsmitglied der COBRA mittlerweile bekannt, war er auch Initiator vieler anderer Künstlergruppen: des Experimentellen Laboratoriums, der Bewegung für ein imaginistisches Bauhaus oder der Situationistischen Internationale. Ausgehend von den Aktivitäten Asger Jorns und durch die Unterstützung und Vermittlung des Galeristen van de Loo bildete sich in München eine eigene Tradition heraus, die mit Gruppenaktivitäten verbunden war: die Gruppe SPUR (1957-1965), die später mit WIR (1959-1965) sich zu GEFLECHT (1965-1967) zusammenschloß und durch die Politisierung der Studentenbewegung später in das KOLLEKTIV HERZOGSTRASSE (1975-1982) überging. Trotz der gegenwärtigen Inflation expressiver und wilder Malerei ist diese Tradition der Malerei noch weitgehend unbekannt geblieben. Erst langsam beginnt man wieder das ästhetische und politische Umfeld von Jorns Engagement zu entdecken. Jorns “wilde” Malerei ist, das läßt sich im Lenbachhaus nachvollziehen, nicht verbraucht, sondern vermittelt eine ungestüme und spielerische Frische.
Moderne Kunst lebe davon, so Arnold Gehlen, »daß sie die chronische Reflexion, die jedermans Zustand geworden ist, ins Optische vorschiebt.« Die radikale Spitze der Dauerreflexion wäre jene Zweideutigkeit, daß ein Kunstwerk den Zweifel auslöst, eines zu sein. Die moderne Avantgarde hat den Begriff des Kunstwerks soweit zersetzt, daß kein allgemein verbindliches Kriterium mehr auszumachen ist, es genügt die performative Behauptung, es handele sich um ein solches, um Beliebiges in das imaginäre…