DIRK SCHWARZE
Der Glaube ans Publikum und an die Künstler
DIE STIMMUNG NACH DEM START DER DOCUMENTA IX
Irgendwann war Jan Hoet die beständigen Fragen nach seinen Kriterien für Kunst und nach seinem Konzept für die DOCUMENTA IX leid. Provozierend und kokettierend legte er sich auf Formeln wie “Ich weiß nicht, was Kunst ist”, und er habe kein Konzept, fest. Das mochte angehen, solange er vor Kunstvereinen und anderen Gesellschaften über die Arbeit an seiner Ausstellung plauderte. Als dann aber die documenta stand und die Journalisten aus aller Welt sich zur Kasseler Hochschulmensa durchgefragt und durchgezwängt hatten, um bei der Eröffnungspressekonferenz von Hoet und seinem Team Leitsätze zur Ausstellung zu erfahren, genügten die provozierenden Bemerkungen nicht mehr. Da mußte es zur Sache gehen. Aber dies hatten die documenta-Macher nicht erkannt.
Ein paar Dankesworte an die Mitarbeiter und Künstler und die Versicherung, man habe eine schöne Ausstellung vor sich, reichten nicht. So schien es im Moment tatsächlich, als habe Hoet die documenta zu einem Ort der subjektiven Beliebigkeit gemacht, als habe er nun gar keine Kriterien oder Strukturen im Kopf gehabt, sondern ganz aus dem Bauch gehandelt.
Dabei wäre es für ihn leicht gewesen, das zu wiederholen, was er in den Wochen zuvor dutzendfach in Interviews erläutert hatte: Wie er die Situation der Welt und der Kunst sehe, wie er auf die Kraft des einzelnen Künstlers setze und wie er anhand der Ausstellungsorte die Struktur der Ausstellung entwickelt habe. So blieb es für viele ein Geheimnis, daß die Orte nicht nur als eine Summe von…