DER GEBRAUCH DER FOTOGRAFIE I
HERAUSGEGEBEN VON HEINZ-NORBERT JOCKS
Die Zeiten, da die Fotografie innerhalb der Kunst tonangebend und marktbeherrschend war, sind so gut wie vorbei, und die mit diesem Medium verknüpften Kernfragen seltsamerweise immer noch offen. Über die kurzsichtige Aktualität, die sich selbst feiert, wird meist das Nachsinnen darüber vergessen, was die Fotografie zu dem gemacht hat, was sie heute ist. Dass Fotografien, sobald sie über den Tag hinaus Bedeutung erlangen, zu Kunstwerken erklärt werden, ist heute so selbstverständlich wie deren Musealisierung und Archivierung. Dass das einst ganz anders, eben strittig war, wird die nachwachsenden Generationen schon bald nicht mehr befremden. Vieles ist in Bewegung geraten, nicht nur aufgrund der Digitalisierung. Die klassischen Unterscheidungen zwischen Reportage-, Mode- und sogenannter Kunstfotografie stehen kurz vor ihrem Aus. Die Totalvermischung der Genres kündigt sich an. Was ist da passiert? Wohin wird das noch führen? Wem nützt das?
Mit den Einzel- und Gruppenausstellungen wächst nun nicht nur der Berg der Sekundärliteratur ins Uferlose. Auch die Schwierigkeiten nehmen zu, sich im Bildermeer, das von einem Textdschungel begleitet wird, zurechtzufinden. Wenn, was nicht immer der Fall war, das Denken über Fotografie in den akademischen Breitengraden längst zur Tagesordnung gehört, so findet dies in der Regel nur innerhalb einer spezialisierten Fachwelt statt. Draußen vermehren sich hingegen Bilder ständig und auf fast unkontrollierbare Weise. Die tagtägliche Bildbombardierung wird zum unbemerkten Problem. Spätestens seit dem Golfkrieg weiß man um die Verführbarkeit durch Bilder, und der legendäre 11. September hat gezeigt, dass Schreckensereignisse uns vor allem via Bilder vermittelt werden. Auch wurde…