Hans-Dieter Fronz
Der fixierte Augenblick
Retrospektive zum Werk Daniel Spoerris
Museum Jean Tinguely, Basel, 16.5. – 2.9.2001
“Aber ich warne Sie! Das kann Stunden dauern!” scherzte Daniel Spoerri, als er den Rundgang antrat und den Medientross höchstselbst durch die große Überblicksschau im Basler Tinguely-Museum führte. Natürlich ließ sich keiner abschrecken. Kommentare vom Künstler – immer gut! Auch hatten die lebendigen Ausführungen Spoerris zuvor Appetit auf mehr gemacht. Die Künstlerführung versprach spannend und vergnüglich zu werden.
Sie wurde es auch. Zu jedem Werk wusste Spoerri eine Geschichte zu erzählen die Anekdoten reihten sich wie Perlen an einer Schnur (“Anecdotomania. Daniel Spoerri über Daniel Spoerri” ist der Titel des schönen Künstlerbuchs mit Texten und Abbildungen, der der Schau anstelle eines Katalogs beigegeben wurde). Etwa wie ihm die Tochter seiner einstigen Pariser Hotelwirtin, nach über dreißig Jahren eine perfekte Kopie ihrer Mutter, mit quäkender Stimme den Zutritt zu jenem Zimmer Nr. 13 verwehrte, in dem er Anfang der sechziger Jahre gewohnt hatte – und das er nun für eine Rekonstruktion ausmessen wollte. Oder wie mal einer, als er sich ihm auf einem Empfang vorstellte, fragte: “Der Spoerri?” – und sein Glas waagrecht an die Wand hielt. Jetzt könne er sich ja begraben lassen, flachste ein Freund.
Berühmt geworden ist Spoerri tatsächlich mit den seit 1960 entstandenen “Fallenbildern” oder “Tableaux-piège”; die Idee dazu kam ihm in eben jenem Chambre No 13, das jetzt in einer aus dem Gedächtnis erstellten Holzrekonstruktion zu besichtigen ist. Zufällig vorgefundene Konstellationen von Objekten, etwa ein Frühstückstisch mit Geschirr, Besteck und Essensresten, werden unverändert…