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Essay · von Stephan Berg · S. 38 - 43
Essay , 1998

Stephan Berg
DER FEUERLÖSCHER IM AUSSTELLUNGSRAUM ODER DIE OHNMACHT DES AUGES

Was wir sehen, wenn wir heute Kunst sehen (wollen)

Die Rede ist von einem Feuerlöscher, allerdings nicht von irgendeinem. Es geht um den, der eben dort hängt, wo wir eigentlich nur Kunst erwarten: Im Museum. Dieser Feuerlöscher ist ein vertracktes Ding, seiner banal-roten Materialität zum Trotz. Daß er das ist, hängt damit zusammen, was wir gelernt haben von der Kunst zu erwarten, wobei die Behauptung lautet, daß jeder, der heute eine Ausstellung besucht, schon über sehr viel mehr Kompetenz in Bezug auf den Stand der Kunst verfügt, als ihm selbst vielleicht klar ist.

Dieses Wissen existiert selbstverständlich unabhängig von der Frage der Bewertung. Das heißt, auch wenn die Mehrheit der Betrachter den scheinbar ins Grenzenlose ausgeweiteten Realisierungsmöglichkeiten zeitgenössischen Kunstschaffens eher ratlos oder ablehnend gegenübersteht, ist sie doch implizit darauf eingerichtet, als Kunst etwas vorgeführt zu bekommen, das begrifflich und inhaltlich nicht als Kunst, beziehungsweise, um es mit Duchamp zu sagen, als Nicht-Kunst erlebt wird. Damit sind wir nun wieder bei unserem eingangs erwähnten Feuerlöscher, dessen Existenzmöglichkeiten sich im Museum sozusagen verdoppeln: Zum einen ist er das, was jeder institutionelle Kunst-Ort schon aus feuerpolizeilichen Gründen benötigt: Ein realer Feuerlöscher, der sein Da-Sein über seine Funktion legitimiert, die Kunstwerke vor den Folgen eines möglichen Brandes zu schützen. In diesem Fall wäre der Feuerlöscher also eine Art dienender Hüter, ein Garant für das Überleben der Kunst. Er könnte allerdings auch das Gegenteil sein: Die Simulation eines realen Feuerlöschers, der unter seiner funktionalen Tarnung diese gerade…


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