Ursula Maria Probst
Der Disziplinator
Jüngste Arbeiten des Atelier van Lieshout
»Schluss mit Freiheit«
MAK Wien, Österreichisches Museum für angewandte Kunst 22.6.-18.9.2005
Auf die Trägheit seiner musealen Strukturen reagiert das MAK Wien derzeit durch das Konzept einer “Factory”, die den prozessualen Charakter der Kunst hervorheben und eine Vitalisierung bewirken soll. Den Beginn machen die Installationen “Der Disziplinator” und “Der Technokrat” des Atelier Van Lieshout. Als Selbstvermarkter ist der 42-jährige Joep Van Lieshout derzeit sehr erfolgreich. Zur Produktpalette des Ateliers Van Lieshout zählen mobile Wohn- und Büroeinheiten, sowie Abwassersysteme und alternative Energiekreisläufe. Wie sehr sich dabei die Grenzen der Disziplinen zwischen Kunst, Leben und Produktion auflösen, äußert sich nicht bloß in der prozesshaften Arbeitsweise von Van Lieshout, sondern auch in der Gründung des Freistaates “AVL Ville” auf dem Hafengelände von Rotterdam 2001. “AVL Ville” war als anarcho-kapitalistische Gesellschaft konzipiert und verfügte über eine eigene Verfassung, eine autarke Stromerzeugung, eine AVL-Akademie und ein betriebsfähiges Krankenhaus. Nach nur neun Monaten wurde das Experiment “AVL-Ville” von der rechtspopulistischen Gemeinderegierung Rotterdams beendet. Die Konsequenz war, dass die Sozialprojekte reduziert und die Unternehmensstruktur forciert wurden.
So sind sowohl die Installation “Der Technokrat” (2004/05), sowie “Der Disziplinator” (2003) eine Reaktion von Van Lieshout auf die realen Erfahrungen mit Gesellschaftsbürokraten. “Der Technokrat” und “Der Disziplinator” sind weniger funktionell konzipiert und stellen keine Abbildung des Freiheitsideals dar, sondern setzten sich mit Regression, Unfreiheit und restriktiven Systemen auseinander. Van Lieshout ist kein Exzentriker, der auf die Ökonomisierung der Lebensstile mit einer moralisierenden Profitkritik reagiert, sondern liefert durch seine jüngsten Projekte Einblick in die…